Freitag, 22. Jänner 1915

22/1 Traum: Gartenrestaurant. Ich mit 2 Herren, einer ein wenig Benedikt ähnlich, reden sehr intensiv miteinander (was ich nicht höre) ― ein Paar (?) am selben Tisch ― ich esse Rettich ― Champagner ― will zahlen,― es ist schon;― fort ― (Situation Nov. gestern dictirt!) ― wie soll ich mich revanchiren? „Weg ins freie“ ― habs aber nur mehr in Leder,― zu fein. Verliere die Gesellschaft ― vorbei am Burgring 1 (wo ich 25 Jahre gewohnt mit Eltern) ― in die „Eschenbach“gasse (Fleischer sang ihn bei uns!) ― Dämmerung ― aus dem Hause (etwa wo vor ― 38 Jahren ― Fännchen gewohnt (Briefe neulich!)) treten Leute (etwa Höbling ― und andre) ― weiter ― Oper vorbei ― Straße, zerstörtes Haus (Erdbeben Avezzano!) ― hinaus Seilerstätte, aber es ist doch der Mehlmarkt, heißt aber anders (Mehl-gespräche, des Kriegs wegen ―) ― vor dem Haus, in dem ich (offenbar) wohne ― Brieftasche (― die von Jean., die ich neulich in der Hand hielt!) ― hebe sie auf ― drin Briefe einer Geliebten aus Berlin an ihre Geliebten,― lese sie oben ― in meinem Zimmer (wie kleines Hotelzimmer, Lage entspricht etwa dem Residenz-Club Seilerstätte) ― da tritt ein junger Mann ein, bartlos; ich verstecke die Brieftasche;― er muss einen Radirgummi suchen, angeblich, holt unter dem Tisch einen Stechkamm vor ― ich sage: Das halten Sie für einen Radirgummi ―? ― ich weiss, er will eigentlich die Briefe, die Sache ist irgendwie bedenklich, gehe im Vorzimmer, untern Arm gefasst, mit ihm auf und ab ― ihm erklären (dass die Briefe sich nicht auf ihn beziehn? ―) ― bei der Thür Abschied, er ist plötzlich in Uniform, mit Patronentasche, Regimentsarzt, kleiner als früher.― Wieder im Zimmer, die Briefe, einer ist vom 6. October 1910 ― ich lese auf einem Couvert Herr Dr. Ernst Ernedy (im Fliederbusch „Negedy“!) ― sehe auch seine Erscheinung (ältrer Lebemann (Novelle!)) ― er wirft ihr irgend was vor ― „Ich will nicht dass Ihr Euch über ihn lustig macht ― einen Menschen,― der ― (nur irgend was wie) Fleisch ― nicht hat ―“(?) ― im Zimmer wird von ein paar Weibern reine gemacht, trotz Abend, zum Aerger von Heini, der auch da ist ―.

Vm. Dictirt Novelle.―

Nm. am „Fliederbusch“. Die Schwierigkeiten: der 4. Akt.

Abd. bei Hajeks. Julius Helene, Latzko; Dr. Berdach.―

Kleinigkeiten von der Stellung in der Welt, von einem Tag: Im Berl. Tgbl. eine Vertheidigung gegen einen Angriff den die Deutsche Tagesztg. auf mich ― wegen meines Protestes (Genf) offenbar in viehisch antisemitischer Weise versucht (ich hatt ihn nicht gelesen).― ― Brief von Direktor Ziegels Rechtsanwalt: Weigerung des Schauspielers Wahl, den „Albrecht“ zu spielen im August (nachdem er es circa 20mal gethan!) ― weil unpatriotisch, antioesterreichisch ― die Denunziation bei der Behörde (vergeblich), Klagen etc. ― ich solle mich äußern.― Aus einer ― Klagenfurter Kritik (Abschieds.) ― A. S. ― „der Dichter der Wiener Lebewelt“.― Aus Scherr (1899, bei Hajeks ―) ― A. S. ― PötzlChiavacci ― u. s. w.―

1915-01-22