Dienstag, 25. Dezember 1917

25/12 HütteldorfNeuwaldeggPötzleinsdorf; in mildem Schneetreiben; ganz gute Stimmung. Begegnungen: Director Fürth ― er erinnert mich an die Secundararzt Zeit bei Weinlechner, meine Hals-Drüsenerkrankung; F. rieth damals zur Operation.― Gute polit. Aussichten.―

Schönherr und Prof. Lorenz, prächtig hünenhaft beide aussehend;― über Nachmittagsschlaf ― oder -schläfe ― ob es einen Plural gäbe ―!― Marr;― über die Burgtheaterwirtschaft unter Millenkovich.―

Im Wandern zog ich Bilanz übers ablaufende Jahr.― Das beste: die Beziehung zu O., etwa seit Partenkirchen, fast ohne Unterbrechung stark und schön. Kleine Störungen schwinden rasch, meist dank ihrer Klugheit. Freundschaft, durch das erotische Moment erhöht ― öfters wohl auch irritirt. Siebzehn Jahre!―

Die Kinder entwickeln sich gut. Heinis Musikalität erfreulich. Gewisser tadelnswerther Eigenheiten, wenn auch z. Th. im Charakter wurzelnd, wird er hoffentlich durch seinen Verstand nach den bedenklichen Jahren Herr werden … Pedanterie, Umstandsmeierei, Giftnickelei, Samumismus. Seine Interessen nach Geschichte und Theater hin scheinen am echtesten. Lili in ihrer Kindlichkeit und Klugheit. Mischung von Phantastik und Verstand. Keine Begabung noch hervortretend; aber von köstlicher Unbefangenheit und Klarheit.―

Dichterisch hebt mit der Cas. Nov.― und dem Cas. Stück vielleicht ― für mich eine neue Epoche an. Meine Arbeitskraft läßt zu wünschen übrig. „Sohn“ soll weiter dictirt werden. Ob „Landsknecht“ und „Frau des Richters“ Zukunft haben, unsicher. Am lockendsten wie schon seit Jahren Weiher. „Verführer“ müßte endlich ins reine gebracht werden. Theaterroman ―? Wag ich mich an so breites?― Spiele mich, nach wie vor, zu viel herum.― Am intensivsten beschäftigt mich in der letzten Zeit der Nachklang. (Bin im 4. Buch, Freiwilligenjahr, Toni.) Möchte es gerne bis Juli 1900 führen. Da die erste Fassung nie definitiv wird, fürcht ich, daß ich nicht bis dahin kommen werde. Der Gedanke an die Nachwelt beschäftigt mich stark ― doch ohne jede Eitelkeit. Als müßt ich zu Freunden reden, die noch nicht geboren sind ― Noch immer weiß keine Seele von dieser Arbeit. Am liebsten möcht ich, wenn eine Anzahl Bücher abgeschlossen, sie O. als Geschenk überreichen. Schwierigkeit des Dictirens in diesem Fall.―

Finanziell: trotz der ungeheuern Theuerung haben die Einnahmen die Ausgaben in diesem Jahr nicht unerheblich überschritten. Erfolg des Graesler, im Juli erschienen ― 26 Auflagen. Vieles andre (Neuauflagen) nicht so ausgenützt, wie es unter normalen Umständen möglich gewesen,― wegen Papiermangels (Fischer hätte noch eine ganze Reihe von Aufl. der Ges. W. drucken können, sagte er mir selbst).― Fink u. Fldb. hat meine Erwartungen nicht erfüllt; hier wohl schon ausgespielt; in Berlin vorläufig gut. Das Recensentengewäsch kümmert mich immer weniger (innerlich). Dies bedeutet keine Überschätzung des Fink, der gewiss kein Meisterwerk.―

Beim Nachhausekommen O. verweint, bettlägerig; Brief von Mimi, der die alten Schmerzen über Stephi aufrührte.

Nm. Zeitungen (zu viel),― Jahresrechnungen etc.―

Mit Heini ein Mendelssohnquartett und Schubert Märsche.

1917-12-25