Montag, 5. Jänner 1920

5/1 Träume der letzten Nächte:

Im Burgtheater; in einer Loge mit Schott, während einer Probe, wohl zu den Schwestern, Sch. irgendwie unzufrieden. Decoration ungefähr Elektra, doch die Quadern auf der Leinwand die flattert und sich bauscht, röthlich beleuchtet, etwas phantastisch, à la Gütersloh, mir gefällts,― Heine durch den mittlern Parketgang gehend, ein (etwa) blau gebundnes Buch in der Hand ―

Treppe Zinshaus, ich habe einen Minister zu besuchen, bin etwas verwundert ― solch ein Vorstadthaus ― gehe eine Treppe zu hoch, wieder hinunter, Namen an der Thür,― der Minister heisst Werthner, wie der verstorbne Administr. der neuen fr. Presse;― Vorzimmer, dann in den weiten Kanzleiraum, an einem Tisch zahlreiche Minister, diurnistenhaft; der eine steht auf, redet zu mir?, uns? ― ich erinnre mich daß ich den Thermophor auf dem Magen habe, versuche mich unbemerkt dessen zu entledigen, was mir irgendwie gelingt ―

Heute: In einem Café, etwa zu St. Pölten oder Wr. Neustadt ― ein Friseur, eigentlich Komiker, sehr berühmt, spielt in dem Stück mit, das im Café aufgeführt wird ― sonst ist aber nichts von dem Stück zu sehn;― ich bin um meinen Winterrock besorgt; oben im Restaurant hab ich den Pelz abgegeben, ja, ich habe die Nummer ―

― Dictirt einen Entwurf zu einem Brief an Heinrich Mann.

― Allerlei „Nachlass“ Besprechungen mit Kolap.

Nm. geordnet;― Rechnungen u. dergl.

Richard Strauss mit Gattin erscheinen unerwartet; Empfang bei mir; Olga bettlägerig unsichtbar;― etwas mühseliges Gespräch, aber in gegenseitiger Sympathie, über Frau ohne Schatten, Hugos Erzählung; etc.― Frau Str. sehr ungnädig über die Wiener Verhältnisse; bestreicht und begutachtet allerlei hübsche Sachen, auch im Salon, den ich ihr flüchtig zeige.

Dr. Kurt Sonnenfeld, confus und harmlos;― in der anarchistischen Bewegung thätig;― aber gleich ziemlich bereit das thörichte dieses Programms zuzugeben. Sein Ehrgeiz immer noch,― fix als Feuilletonist engagirt zu werden.―

1920-01-05