Donnerstag, 8. Juli 1920

8/7 Traum: Mit O. Garnisongasse (etwa als wenn wir bei Mama gewesen wären); da erst ½1, schlägt O. vor, noch Pauline v. Suppé zu besuchen; vorerst kaufen wir (aus Hunger) bei einem Greißler Kartoffel ― beiße in eine gezuckerte, wundre mich, daß dies ein beliebtes Gericht, ein Stück zehn Kreuzer (die gezuckerte Kartoffel, irgendwo in Daenemark 1906!);― plötzlich wächst eine Art Riesenkartoffel blumenhaft aus der Häuserwand (der Schwamm im Bauernzimmer!);― ich sitze irgendwo im Freien, Concert ― kein Publikum;― einer spielt Clavier (weder seh ich ihn noch hör ich was, ohne dass mirs im geringsten auffällt), eine Violinsonate oder Trio;― Violine spielt Mozart, er steht neben dem Clavier, zwerghaft, nein spielzeughaft klein, in carrirtem Rocococostume, scharlachroth; auch neben mir sitzt der Violinspieler,― er hat den Violinkasten in der Hand (?) und spielt nicht, ich will umblättern, nervös, der Spieler (der nicht spielt) kümmert sich nicht (sieht einem wimmerlbesaeten Jüngling ähnlich, den ich gestern Abend in weibl. Begleitung auf der Windmühlhöhe gesehn), eigentlich soll ich selbst spielen; ich mache O. auf die Schönheit der Gegend aufmerksam, über eine Halbinsel sehn wir landkartenhaft neapelähnlich eine Stadt gelagert, wir sind in Schweden? Fjord?, müssen weiter fahren, zum zweiten Satz, wir sitzen im Waggon, fahren durch eine Stadt ― sehe nur ein Haus, denn ich lese, warum eigentlich?, statt „Holmäs“ anzusehn?,― ich lese Herzlbiografie (die Kellner’schen Jugendjahre mit Corresp. zwischen mir und H., gestern irgendwo ein Brief H. nachgedruckt) ― lese, oder weiß, daß H. eine Schwester hatte (richtig, sie starb früh), Schauspielerin, die telegrafirte einmal nach Haus um 3000 Kr.;― H. und seine Brüder (?) telegrafirten ihr, wo sie denn wohne, aber sie erhalten keine Antwort (ich sehe irgendwie H.s sorgenvolles Gesicht),― nun erscheint die Schwester, ich sehe sie (wo?) in geschmacklosem hochgeschlossnen Drapkleid Mode 80er J. ― sie glaubt nicht dass man ihre Adresse nicht gewußt, hat aber ihre Carriere gemacht, ist mild überlegen.

― Vm. R. L.

Am „Weiher“.―

Nm. evang. Kirche Trauung der Stieftochter Raoul Auernheimer.― Mit Kolap durch die Stadt; u. a. bei Heller, Radirungen von Kasimir u. a. angesehn.

Z. N. bei uns Leo, Jessie und Kartono, der Javaner. Seit 15 Jahren in Europa; bald zurück. Über die Unterschiede der oestl. und westl. Seele;― Anpassungen. Seine Sprachenkunde. Kluger, feiner Mensch.―

1920-07-08