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box 6/1
im Morgengrauen
Spiel Hegener ader
Buchbesprechung in Leipziger Rundfunk
ergrauen!!
10. Nai 1927
Arthur Schnitzler
d Ahre
S e
Mit seinér „TTraunnovelle“ und der vor kurzen auch an dieser
Stelle besprocheyen feinsinnigen und zugleich tiefschürfenden Unter¬
suchung des 'Geistes in Nort und des Geistes in der Tat“ hat Arthur
Schnitzler eindentig bewiesen, von welch vitalem Elan seine Schöpfer¬
kraft noch heute ist, obzvar er bereits die Sechzigjjahrgrenze um ein
gut Stück überschritten hat. Und erstaunend muß festgestellt werden,
daß in seinem Nesen nichts vom Altern zu spüren ist, sondern daß er,
künstlerisch zur Vollendung gereift, Verk auf Verk produziert, von
denen uns weder eines noch das andere enttäuschen kann und von denen
man Jedes als eine Gipfelleistung ansprechen möchte. Eine solche muß
auch sein neuestes Buch genannt werden, die Erzählung ’Spiel im Mor¬
gengrauen“; in Problen so Jung und lebendig, erschütternd und Lebens¬
nah, das es ein Dreißigjähriger geschrieben haben könnte, hätte er
die gleiche Nacht der Sprache und Vornehmheit des Stils, wie sie
Arthur Schnitzler eigen sind. Hier fühlt man, wie sehr der Dichter
in seinem Milieu, vie sehr er den Österreichischen verbunden ist und
kaum einen zweiten wird man Finden, der diese Umwelt mit derselben
Leichtigkeit und Eindringlächkeit uns vor Augen führt. Hasard steht
in Mittelpunkt der Ereignisse und doch ist der Spieltisch den Menschen
und Seelenkenner Schnitzler nur Vorwand für ein Größeres, das er ge¬
staltet: für des Manschen Verfallensein an die dunklen Nächte des
Schicksals. Denn iener Leutnant, der die Hauptfigur in dieser Novelle
stellt, ist kein Glücksspieler kein Berufsspieler, kein Leiden¬
schaftsspieler sondern die Hoffnung einen abgedankten Kaneraden
aus Schande und Not zu retten treibt ihn zur Spielbank wo er ge¬
winnt, gewinnt, verliert, verliert und schließlich Schulden auf sich
Tädt, die er nicht bis zur gesetzten Frist zurückzahlen kann, so daß
ihm kein anderer Ausveg bleibt als der freiwillige Tod. Neben dieser
Haupthandlung laufen einzelne Fäden, die psychologisch tiefsinnig
Menschenschicksale bewegen, in denen ein unheimlich Dämonisches eine
nicht unbedeutende Rolle spielt; ein Moment, das schon in der VTraum¬
novelle“ zur Gelbung kan und hier verstärkt wieder aufgenommen ist.
In der Prägnanz der Schilderung wird Jede einzelne dieser Szenen und
Kapitel zun großen Erlebnis, dem sich kein Leser wird entziehen kön¬
nen. Denutsvoll und bewundernd müssen sich die Jungen vor dieser un¬
erhörten Reife und Meisterschaft Arthur Schnitzlers heugen; denn die¬
ser Fünfundsechzig jährige hat nächt nur Menschenerfahrung gesamnelt
und Erkenntnis alles Irdischen sondern Güte und Verstehen für alle
Schwächen unserer Erdhaftigkeit. Und aus diesem Grunde ist sein
VSpiel im Norgengrauen“ ein einmaliges und zugleich aufrüttelndes
Werk gevorden.
Als Probe gelesen: S. 148-151 m. Situationsschilderung.
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im Morgengrauen
Spiel Hegener ader
Buchbesprechung in Leipziger Rundfunk
ergrauen!!
10. Nai 1927
Arthur Schnitzler
d Ahre
S e
Mit seinér „TTraunnovelle“ und der vor kurzen auch an dieser
Stelle besprocheyen feinsinnigen und zugleich tiefschürfenden Unter¬
suchung des 'Geistes in Nort und des Geistes in der Tat“ hat Arthur
Schnitzler eindentig bewiesen, von welch vitalem Elan seine Schöpfer¬
kraft noch heute ist, obzvar er bereits die Sechzigjjahrgrenze um ein
gut Stück überschritten hat. Und erstaunend muß festgestellt werden,
daß in seinem Nesen nichts vom Altern zu spüren ist, sondern daß er,
künstlerisch zur Vollendung gereift, Verk auf Verk produziert, von
denen uns weder eines noch das andere enttäuschen kann und von denen
man Jedes als eine Gipfelleistung ansprechen möchte. Eine solche muß
auch sein neuestes Buch genannt werden, die Erzählung ’Spiel im Mor¬
gengrauen“; in Problen so Jung und lebendig, erschütternd und Lebens¬
nah, das es ein Dreißigjähriger geschrieben haben könnte, hätte er
die gleiche Nacht der Sprache und Vornehmheit des Stils, wie sie
Arthur Schnitzler eigen sind. Hier fühlt man, wie sehr der Dichter
in seinem Milieu, vie sehr er den Österreichischen verbunden ist und
kaum einen zweiten wird man Finden, der diese Umwelt mit derselben
Leichtigkeit und Eindringlächkeit uns vor Augen führt. Hasard steht
in Mittelpunkt der Ereignisse und doch ist der Spieltisch den Menschen
und Seelenkenner Schnitzler nur Vorwand für ein Größeres, das er ge¬
staltet: für des Manschen Verfallensein an die dunklen Nächte des
Schicksals. Denn iener Leutnant, der die Hauptfigur in dieser Novelle
stellt, ist kein Glücksspieler kein Berufsspieler, kein Leiden¬
schaftsspieler sondern die Hoffnung einen abgedankten Kaneraden
aus Schande und Not zu retten treibt ihn zur Spielbank wo er ge¬
winnt, gewinnt, verliert, verliert und schließlich Schulden auf sich
Tädt, die er nicht bis zur gesetzten Frist zurückzahlen kann, so daß
ihm kein anderer Ausveg bleibt als der freiwillige Tod. Neben dieser
Haupthandlung laufen einzelne Fäden, die psychologisch tiefsinnig
Menschenschicksale bewegen, in denen ein unheimlich Dämonisches eine
nicht unbedeutende Rolle spielt; ein Moment, das schon in der VTraum¬
novelle“ zur Gelbung kan und hier verstärkt wieder aufgenommen ist.
In der Prägnanz der Schilderung wird Jede einzelne dieser Szenen und
Kapitel zun großen Erlebnis, dem sich kein Leser wird entziehen kön¬
nen. Denutsvoll und bewundernd müssen sich die Jungen vor dieser un¬
erhörten Reife und Meisterschaft Arthur Schnitzlers heugen; denn die¬
ser Fünfundsechzig jährige hat nächt nur Menschenerfahrung gesamnelt
und Erkenntnis alles Irdischen sondern Güte und Verstehen für alle
Schwächen unserer Erdhaftigkeit. Und aus diesem Grunde ist sein
VSpiel im Norgengrauen“ ein einmaliges und zugleich aufrüttelndes
Werk gevorden.
Als Probe gelesen: S. 148-151 m. Situationsschilderung.