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24. Jus„ite Land
Klose & Seidel
Bureau für Zeitungsausschnitte
Berlin NO 43, Georgenkirchplatz 21
Zeitung: Deutsche Allgemeine Ztg.
Ort:
Berlin
daß der Geist der Rotterkunst nicht erst in Wien
Daium: #gr#76•7
eingeführt zu werden braucht. Er ist von Haus
der ideale Vertreter dieser Kunst. Ein Schau¬
C.. 1321
##r ohne jede schöpferische Kraft, niemals im¬
stande. Menschlichkeit klar sprechen zu lassen, den
Grundton einer Gestalt zum Klingen zu bringen,
ihn lebendig abzuwandeln ist er vollkommen Herr
einer Fassadenkunst, die intelligent genug ist, einen
Residenztheater.
individuellen Tonfall festzulegen und ihn mit
unzähligen Wirklichkeitszügen zu durchsetzen. Er
Arthur=itzler: „Das weite Land“.
hat alle Farbentöne weltmännischen Auftretens
Die Farben die „Tragikomödie“ sind mit der
von verbindlicher Herzlichkeit bis zu
eisiger
Entsernung nichtfeuchtender geworden, vielmehr
Gleichgültigkeit, von eleganter Härte bis zu
ganz verblaßt. #le waren wohl schon matt damals,
ironisierter Sentimentalitt auf seiner Palette.
als das Stuck entfand, in der Vorkriegszeit. Heute
Seine Kunst der Nuance geht so weit, daß wenn
sitzt man davor und fragt sich: Was geht das mich
er das Wort amerikanisches Tuell ausspricht, er
schon an? Dabei hatte sthon was draus werden
es wie ein deutschsprechender Amerikaner rade¬
können. Zwor nicht aus diesem Ehemann, dem
brecht. Musik für die Ohren seiner Zuhöre¬
schnitzlerisch=wienerischen Frauenliebling, für den
rinnen! Aber er ist weder imstande zu gliedern
die Ehe bloß Sprungbrett für immer neue Liebes¬
noch zu steigern. Unzählige kleine Hilfsmittel hat
affären ist. Wohl aber aus der Frau, die, an¬
er als Ersatz nötig um Abwechslung in Rede und
betender Verlockung zum Trotz, diesem Gatten
Spiel zu bringen. Von der Zigarre bis zum
nicht untreu wird und von ihm, als er es erfährt,
Manschettenknopf fehlt nichts, um Unbeteiligtsein,
zu hören bekommt, ihre Tugendstrenge habe sie
Nonch#lance, innere Abwresenbeit marlieren zu
ihm fremd, unheimlich gemacht. (Bei Schnitzier
helfen. Zwar ist sein eifrigstes Bemühen die
tut sie dann das Banalste, was sie in ihrem. Fall
Intimität des Tonfalls; aber es gibt kaum einen
tun kann: sie betrügt den Gatten mit dem ersten
Schauspieler in Berlin, der so dick unterstreicht, so
Besten, worauf seinerseits er diesen ersten Besten
oft in den Text Wiederholungen. Häufungen, Zu¬
im Duell erschießt und sich von ihr scheidet.)
sätze. Pausen einfügt wie Korff.
Aus diesem Problem hätte sich schon ein Schau¬
Genau so arbeitet er übrigens als Regisseur.
spiel entwickeln lassen, ein sehr ernstes oder ein
Einen längeren Dialog, der zu einem Liebes¬
ironisches. Schnitzler, zu ar ein Welt= und
geständnis hindrängt, läßt er im letzten Augen¬
Menschenkenner, aber skeptisch und indolent, wie
blick vor dem Geständnis durch das Hereinstürzen
nur je ein Wiener, nimmt nicht gerne Stellung.
eines Dieners unterbrechen, der das elektrische
Er möchte zugleich ironisch und ernsthaft sein. Er
Licht anzündet. Den Dialog bringt er zwar
analysiert, statt zu gestalten. So werden wir so
dahin, daß er klappt, aber nicht, daß er lebendiges
wenig aus seinen „komplizierten“ Gestalten king.
Gespräch wird. Die Einzelrede bleibt immer
wie schließlich er selber. In unendlichen Ge¬
Stichwort, wächst nie mit Tonfall, Tempo und
sprächen wird jedes Tun und Lassen dieser Men¬
Geste des Partners zusammen. Ergebnis: trotz
schen psychologisch vorbereitet und erörtert. Das
der flimmernden Nuance ist er ein Schauspieler
Ergebnis ist jedesmal: wir wissen, wie und warum
ohne Atmosphäre und ohne die Gabe sich und
der einzelne sich so brnimmt aber er hätte sich
seine Bartner mit einer gemeinsamen Amosphäre
ebenso gut anders benehmen können. Sie werden
zu umgeben. Bezeichnend, daß zwischen ihm und
zwar alle mit unzähligen kleinen Zügen charak¬
Irene Triesch, die die Gattin spielte, nicht
terisiert, aber sie haben kein inneres Prosil.
die geringste innere Beziehung bestand. Auch sie
Ein paar schöpferische Schauspieler vermöchten
überstürzte sich, vermutlich unter dem Einsluß
sicherlich, durch die schillernde Außenseite durch¬
dieses Regisseurs, in Nuancen und hatte darüber
dringend, die dramati'hen Grundlinien zu er¬
die Ruhe und Sicherkeit der Haltung verloren.
mitteln und so die schwankenden Gestalten einiger¬
Frau Triesch hat, glaube ich, noch niemals eine
maßen fest auf die Füße zu stellen. Aber in der
Rolle so gäntlich obne seelischen Hintergrund ge¬
Aufführung fand sich unter der Fülle der Gesicht¬
spielt. Ihre Formlosigkeit, ihre gequält lächelnde
nur in einer Nebenrolle eine schöpferische Er¬
Maske, ihre Fahrigkeit, die sich im hastigen Ge¬
scheinung: Frau Rosa Bertens. Sie stellte
stikulieren mit Händen und Armen. in beftigem
mit ihren beiden Szenen durch den Ernst ihrer
Schleudern des Kopfes, in störenden Nebensächlich¬
einfach=großen stillbeseelenden Kunst das Theater¬
keiten (Handarheit! Zi###ette!) nicht genug tun
spiel der übrigen mit unheimlicher Schärfe bloß.
konnte, stellte ihre Rolle, die äußere Kühle und
Diese #brigen, statt zu vereinfachen. ver¬
innere Spannung sorderte, auf den Kopf. Immer
wischten und verwirrten die Umrisse endgültig.
wieder wirkte insoladessen, was sie sapte, gerade
Herr Arnold Korff
der uns jetzt seine
umgekehrt, wie es sollte. Wenn sie
att: be¬
Burgtheaterrollen vorspielt, zeigt jedesmal klarer, herrsch###ingend — erregt, fassungslos, schreiend,!
sagt: Ich bin wie die anderen, dann glaubt man es
ihr wörtlich, statt die Ueberzeugung vom Gegenteil
zu befestigen. Erst im letzten Akt, als die hysterische
Erregung am Platze war, brachte sie es zu sach¬
gemßeren Wirkungen. Von den weiteren Dar¬
stellern seien Josef Klein,
Heinrich
Schrot
Schönfeld und Frau¬
Schneider=Nissen genannt. Michel.