II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 192

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14. Der Schleienatrige
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durchkreuzt werden. Während dieser Eifersuchtskomödie, die sich auf dem Hintergrunde
breit ausgesponnener, aber unterhaltender Episoden aus dem Schiffsleben abspielt und
selbstverständlich heiter endet, findet ein junges Liebespaar, Erna und Lieutenant
von Donnersmarck, Gelegenheit zur Erklärung und Verlobung. Gespielt wurde mit
einer Flottheit, welche angesichts der Schwierigkeiten derartiger Ertravorstellungen
überraschen mußte. Frl. Käthe Faber feierte als vulkanische Mexikanerin wahre
Triumphe, aber auch Frl. Adele Hartwig (Franziska) und Frl. Stefanie Kröß
(Erna) ernteten wohlverdienten Beifall. Unter den männlichen Darstellern ragten
Herr Seldeneck als prächtiger Marinekapitän und Herr Mar Adalbert als Kadett
hervor. Im Namen der Verfasser hatte Herr Lawerrenz mehrmals Gelegenheit, sich
vor dem Publikum zu verneigen.
Frankfurt a. M. Die Offizierstragödie „Rosenmontag“ von Otto Erich
Hartleben erzielte bei der ersten Aufführung im Schauspielhause durchschlagenden Erfolg.
Magdeburg. Hier hat nun auch, wie in Darmstadt und Mainz zuvor
K. von Kaskel Oper „Die Bettlerin vom Pont des Arts“ einen großen Erfolg
errungen.
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Breslauer Theaterbrief.
Von zwei grundverschiedenen Premièren, von denen die eine keinen litterarischen
4 Wert und starken Beifall hatte, während die andere unsere moderne ohnehin
a Genie und Geist so arme Theaterlitteratur bereicherte und geringere
Teilnahme erzielte.
Die „strengen Herren,“ Schwank von Blumenthal u. Kadelburg ging, wie schon
gemeldet, im Lobetheater mit großem Lacherfolg über die Bühne. Die sattsam bekannte
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Ler Heinze bot den Verfassern Stoff für ihr neuestes Werk, das sie mit all den alten
und wieder aufgefrischten Mätzchen und einer kleinen Zugabe von neuen Kalauern aus¬
statteten. In der Mitte der Handlung steht der ehemalige Weinhändler jetzt Reichstags¬
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abgeordneter, Herr Gabriel Wernicke, im Grunde ein sehr harmloser Mensch, der aber
als eifriger Anhänzer seiner Partei, die die Hebung der sittlichen Verhältnisse in Berlin
erstrebt, auch in seiner nächsten Umgebung die moralische Reinigung vornimmt. So
hat er zum Beispiele seinen Schwiegersohn, den Arzt Hettner, dazu gebracht, dessen
Wohnung von den sogenannten unsittlichen Auswüchsen der Moderne zu säubern.
Der innigste Wunsch des Herrn Wernicke aber ist einmal im Abgeordnetenhause zu
sprechen. Dazu bietet sich endlich eine famose Gelegenheit, indem ein von seinen
Parteifreunden als unsittlich hingestelltes Stück von einem Anonymus zur Aufführung
gebracht werden soll, und er dazu ausersehen wird, gegen dieses Stück zu protestieren.
Da er jedoch nur auf seine Rede, die ihm sein Abgott, der Abgeordnete Rasch, zu¬
sammengestellt, vorbereitet ist und nicht auf die Erwiderung seiner Gegner, so schließt
sein erstes Rednerdebut mit einer großen Blamage für ihn und seiner Partei. Nach¬
dem er nun einsehen muß, daß er als Abgeordneter keine Lorbeeren pflücken kann,
ergreift er mit Freuden den ihm von seinen Freunden gemachten Vorschlag, die frei¬
willige Niederlegung seines Mandats, da er obendrein noch erfährt, seine Kanditatur
werde angezweifelt. Dazwischen spielen sich noch einige Nebenscenen ab, wie die Ver¬
lobung des Dichters vom obengenannten anonymen Stücke mit der jüngsten Tochter
Wernickes und einige häusliche Episoden des jungen Doktorpaares, die besonders die
Heiterkeit des Publikums erregten. Was die Darstellung anbelangt, so haben wir für