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14
box 20//3
Der Schleier der Beatrice
6. April. 0
1901.
Beilage zur Bohemia Nr. 95.
Rusteier wele man en de Redhetion, inngen an v. Administratioen ino Bemneiber un die Uspeodleioen er „Botentel inden.
S
und Romantik wünschendürfte, ist dieser Gegend in
Kaltes Licht.
meiner Buckower Einsamkeit versetzte. Aus Allem,
Wahrheit fremd. Sie macht vielmehr den Ein¬
was Schnitzler seit dem „Anatole“ geschrieben
Die Physiker suchen vergeblich es herzu¬
druck einer dürftigen und kämpfenden Natur,
hat, spricht die Tragik der Blasirtheit,
ellen, aber die Natur hat es uns in den
einer Vegetation, die sich mit Zähigkeit und
die überhaupt den Grundton der sogenannten
itzten Wochen überreich beschert — kaltes Licht
Treue an einen ungünstigen Boden klammert,
jüngeren „Wiener Schule“ bildet. Aber stärker,
dar über die Welt gebreitet, wohin man nur
einer halbbefriedigten Sehnsucht nach Schön¬
unheimlicher, fast möchte ich sagen bedrohlicher
licken mochte. Ermüdet und abgespannt von
heit, die die individuelle Errungenschaft stärker
ist dieser Ton noch niemals angeschlagen wor¬
den Anstrengungen und Freuden der soge¬
hervortreten läßt. Schüttere Kiefern= und Tan¬
den, als in dem „Schleier der Beatrice“. Der
nannten Hochsaison, die im Wirbel der An¬
nenwälder, dazwischen Birkenbestände und Wei¬
Einzelne, der mit sich fertig ist, der überrasch
regungen unsere Empfänglichkeit oft so tief
denalleen an den Bächen, eigenthümlich träge
gelebt hat, ohne den Sinn des Lebens zu fin¬
herabdrückt, sehnte ich mich in den letzten
Gewässer in großer Zahl, dunkeläugige, melan¬
den, genüg. hier dem Dichter nicht mehr: eine
Märztagen krampfhaft ins Freie und Stille
cholische Seen, wie der kleine Buckowsee und
ganze Stadt, im typisirenden Sinne des Dra¬
„hinaus. Es gelang mir achtundvierzig Stunden
der langgewundene Schermützelsee, ineinander¬
mas eine ganze Welt von Lebensmüden, die
für die Befriedigung dieser Sehnsucht zu
geschobene Hügel, ein Labyrinth von Formen,
ein letztes fieberhaftes Verlangen durchzuckt,
erobern und aus dem Gewühle der Weltstadt,
die einander durchdringen, ohne sich ins Große
bewegt sich hier auf der Kippe zwischen Leben
die im Herzen der Mark entstanden ist und
zu erheben. Es liegt ein großer Reichthum in
und Tod. Die Fragc, ob es in der italienischen
täglich wächst, als wollte sie die freundlich an= der Gliederung, in der bescheidenen Entfaltung
Renaissancezeit, die so robust zu herrschen, zu
drängende Natur wie eine lästige Nachbarin der Natur, auf diesem Lehm= und Sandboden
bauen und zu genießen verstand, solche Collec¬
von sich abwehren, flüchtete ich im optimisti= der Mark, das Vorhandene muthet an, wie
tivstimmungen gegeben hat, mag ganz bei
schen Glauben an frühe Tage der Wonne von das Ergebniß einer tapferen Entwickelung, wie
Seite bleiben. Der Dichter brauchte eben nur
Berlin in die nabe östliche Waldgegend, die
der Erfolg eines Schlichtgebornen, der alle
eine Farbenmischung jener Zeit, die von rück¬
man mit einem Gemische von Stolz und Ge¬
Schaffenstriebe in sich geweckt und genährt hat.
sichtsloser Begier und ästhetischer Cultur, von
nügsamkeit als die „märkische Schweiz“ be¬
Die Mittagssonne ließ die feinen Linienzüge
künstlerischem Raffinement und Gefühlsbarbarei,
zeichnet. Etwas umständlich, in einstündiger
der Hügelketten und der einzeln sich vom
um die urmoderne Tragik, die ihm vorschwebt,
Fahrt auf der großen Linie nach Königsberg
Himmel abzeichnenden kahlen Bäume so scharf
die des todten Glaubens bei überlebendigen
und auf einer kindlich gemüthlichen Secundär¬
wie möglich hervortreten, zauberte einen silber¬
Sinnen ins Grandiose zu übertragen. Darum
bahn, die von Müncheberg abzweigt, gelangt
nen Schimmer auf die dunkele Fluth, an deren
versetzte er einige Bedingungen jener Renaissance¬
man zu einem der Hauptorte des so stolz be¬
Rand überschneite Eisschollen, edelsteinartig zeit, in der die Borgias prunkten und wütheten,
nannten Hügellandes, das eine Oase in dem
schimmerten, tauchte das knorrige Kieferngeäste
in eine Situation, die etwa an den Hexen¬
flachen und sandigen Gebiete bildet. Aus dem
in rothe Goldtöne, die schlanken zarten Birken¬
sabbath der Johann von Leyden und Knipper¬
alten Städtchen Buckow, das von Kiefernwäl¬
zweige in violetten Schimmer und die vom
dolling erinnert. Die Stadt, ihr Herzog und
dern und kleinen dunklen Seen umschlossen
Stamm herabhängenden Weidenruthen in gelben
ihre Bürger sehen einem hoffnungslosen Kampfe,
ist, hat man einen Luftcurort gemacht, der
Glanz. Dennoch war's kein Frühlingsbild,
in dem voraussichtlich alles zu Grunde gehen
nach norddeutscher Art seine bescheidenen Herr¬
trotz blauen Himmels, Sonnenpracht und Far¬
wird, entgegen. Der Galgenhumor des Genu߬
lichkeiten in peinlichster Anordnung zur Schau
benreichthum
eisig wehte es von Nordost
wahnsinns hat alle befallen, Hoch und Nieder,
trägt. Während im böhmischen Mittelgebirge
herüber — es war Verlangen, Sehnen, Werden
Mächtige und Plebejer, Hetären und Bürgers¬
und im Böhmerwald der Wanderer heute noch
und Schönheitahnen darin, aber alles — mit
töchter, blasirte Epikuräer, die die gewagte
Entdeckungen machen kann, und überrascht von
kaltem Lächeln.
Probe auf die ganze Lebensrechnung machen,
namenloser Schönheit ausruft: wie konnte
Kaltes Licht! Wie ein Leitmotiv klang es
und durstige junge Menschen, die im Taumel¬
solche Pracht den Naturfreunden nur so lange
in mir nach, als wir uns von unserer Wande¬
alle Wonnen des Daseins auskosten möchten,
„verborgen bleiben, ist hier alles bestimmt, aus¬
rung im Freien in das verödete Gasthaus
Aus diesem Bacchanale im Schatten der nahen¬
gerechnet, mit Namen und Schild versehen.
zurückzogen, wo man uns wie bedenkliche Son
den Vernichtung ragen drei typische Gestalten
Auch hier die Sparsamkeit und das Selbst= derlinge, mit einem Gemische von Scheu und
hervor, ein in Uippigkeit dahinlebender Dichter,
bewußtsein, die zum Erfolge führen. In den Zartgefühl behandelte und wo wir in der,
der Ehre und Treue um ein berückendes Mäd¬
rauhen Tagen des Vorfrühlings, in denen ich
durch einen kleinen Eisenofen nothdürftig er¬
chen preisgibt, aber dabei von diesem Mädchen
den langgestreckten Ort betrat, an dessen alte
wärmten Stube die langen Abende plaudernd
mehr verlangt als von sich selbst, und es zwei¬
Baraken die Bauspeculation rasch eine Reihe
und lesend verbrachten, während die Stürme
mal von sich stößt, weil es von einem Andern
von lockenden Willen angegliedert hat, machte
des Vorfrühlings die schwachen Fensterscheiben
träumt und weil es nicht den Muth hat, mit
die Leere und Ruhe des verlassenen Luftortes
umsausten. Ein neuerschienenes Drama hatte
ihm zu sterben; der Herzog, der Machthaber
einen unsäglich melancholischen Eindruck.
mich in die ländliche Einsamkeit hinausbe¬
der Stadt, der vor dem Todeskampfe die Liebe
Uiberall die praugenden Aufschriften für die Tau¬
gleitet, und, daß ich es gleich hinzufüge, meiner
freigibt, und der, um offenkundig alle Schran¬
sende von Ausflüglern, deren Strom sich all¬
Ansicht nach das bedeutendste, das in diesem
ken zu durchbrechen, sich in der Nacht vor dem
sonntäglich im Sommer nach dieser spielzeug¬
Winter aus Licht gekommen ist, und bezeich¬
Treffen mit der erstbesten Schönheit, die auf
artigen Gebirgswelt hinauswälzt, Anpreisungen
nender Weise just dasjenige, dem sich alle der Straße seine Sinne reizt, in einer wilden
der Seeaussicht, des Gebirgsgartens, d. h.
Bühnen, auch die wagemüthigsten in Berlin
Hochzeit vermälen läßt, und endlich das Mäd¬
eines Hügelchens mit bescheidenster Vegetation,
und Wien bis jetzt verschlossen haben: Das
chen, die das Opfer der beiden Blasirten wird,
eine Tafel mit den anreizenden Worten: „Der
Schauspiel „der Schleier der Beatrice“ von und der sich zugleich Beide dahinopfern, eine
alte Brauch wird nicht gebrochen, hier können
Arthur Schnitzler. Das Stück nahm mich an
naive Hetäre, die von Einem zum Andern
Familien Kaffee kochen“, allerhand poetische jenem Bukower Abend gefangen, und erfüllte
läuft, die weder der Macht, noch der Sinn¬
Namen für den Stimmungszauber der einzelnen
die Abgeschiedenheit mit einer Fülle lebendiger
lichkeit widerstehen kann, aber an der Schwelle
Puncte, zu denen man auf gut gebahnten We= Bilder. Es ist ein Renaissancestück in Versen
des Todes den Einen wie den Andern verläßt.
gen gelangt, und dazu tiefe Einsamkeit, dörsi¬
und wer die neuesten Strömungen unserer
Beatrice heißt diese Tochter einer kupplerischen
sche Halbcultur und eine fast beängstigende
Literatur kennt, der würde auf diese Bezeich¬
Mutter und eines tollen Vaters, die unbewußt
Stille, die nur durch den Lärm der Schul¬
nung hin vermuthen, daß es in stylfreudiger
allen dämonischen weiblichen Justincten folgt,
jugend, die einen anrückenden Möbelwagen
Reaction gegen die Schroffheit der Wirklich¬
und der Verlust ihres Schleiers, der zur Ent¬
mit Huronengeschrei als Wunder begrüßt, in
keitsmalerei entstanden ist. Aber damit hängt
deckung ihres unheimlichen Trieblebens führt,
naiver Waise unterbrochen wird. Uiber der
das Werden dieses Gedichtes keineswegs zu¬
ist offenbar symbolisch für die Entschleierung
noch halb erstarrten Landschaft aber scheint
sammen. Die Renaissance ist da nicht von
der entidealisirten Weiblichkeit, an der die Bla¬
mir ein ironisches Lächeln zu schweben. Unbe¬
ihrer lichten, heitern, üppig=lebensfrohen Seite
sirtheit der Männer zu Grunde geht. Man
löstigt von den Naturkneipern, die die großen
gefaßt, sondern in jener düsteren, wollüstigen
merkt wohl, daß eine Seite des Faust und
Restaurationen belagern, unbesteuert von den
Grausamkeit dargestellt, die das furchtbare
Don Juan = Problems in diesem farbenreichen
Speculanten, die als Agemien des Naturschau¬
Extrem eines souverönen Lebensmuthes bildete,
Drama auftaucht; aber es ist eben nur eine
14
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Der Schleier der Beatrice
6. April. 0
1901.
Beilage zur Bohemia Nr. 95.
Rusteier wele man en de Redhetion, inngen an v. Administratioen ino Bemneiber un die Uspeodleioen er „Botentel inden.
S
und Romantik wünschendürfte, ist dieser Gegend in
Kaltes Licht.
meiner Buckower Einsamkeit versetzte. Aus Allem,
Wahrheit fremd. Sie macht vielmehr den Ein¬
was Schnitzler seit dem „Anatole“ geschrieben
Die Physiker suchen vergeblich es herzu¬
druck einer dürftigen und kämpfenden Natur,
hat, spricht die Tragik der Blasirtheit,
ellen, aber die Natur hat es uns in den
einer Vegetation, die sich mit Zähigkeit und
die überhaupt den Grundton der sogenannten
itzten Wochen überreich beschert — kaltes Licht
Treue an einen ungünstigen Boden klammert,
jüngeren „Wiener Schule“ bildet. Aber stärker,
dar über die Welt gebreitet, wohin man nur
einer halbbefriedigten Sehnsucht nach Schön¬
unheimlicher, fast möchte ich sagen bedrohlicher
licken mochte. Ermüdet und abgespannt von
heit, die die individuelle Errungenschaft stärker
ist dieser Ton noch niemals angeschlagen wor¬
den Anstrengungen und Freuden der soge¬
hervortreten läßt. Schüttere Kiefern= und Tan¬
den, als in dem „Schleier der Beatrice“. Der
nannten Hochsaison, die im Wirbel der An¬
nenwälder, dazwischen Birkenbestände und Wei¬
Einzelne, der mit sich fertig ist, der überrasch
regungen unsere Empfänglichkeit oft so tief
denalleen an den Bächen, eigenthümlich träge
gelebt hat, ohne den Sinn des Lebens zu fin¬
herabdrückt, sehnte ich mich in den letzten
Gewässer in großer Zahl, dunkeläugige, melan¬
den, genüg. hier dem Dichter nicht mehr: eine
Märztagen krampfhaft ins Freie und Stille
cholische Seen, wie der kleine Buckowsee und
ganze Stadt, im typisirenden Sinne des Dra¬
„hinaus. Es gelang mir achtundvierzig Stunden
der langgewundene Schermützelsee, ineinander¬
mas eine ganze Welt von Lebensmüden, die
für die Befriedigung dieser Sehnsucht zu
geschobene Hügel, ein Labyrinth von Formen,
ein letztes fieberhaftes Verlangen durchzuckt,
erobern und aus dem Gewühle der Weltstadt,
die einander durchdringen, ohne sich ins Große
bewegt sich hier auf der Kippe zwischen Leben
die im Herzen der Mark entstanden ist und
zu erheben. Es liegt ein großer Reichthum in
und Tod. Die Fragc, ob es in der italienischen
täglich wächst, als wollte sie die freundlich an= der Gliederung, in der bescheidenen Entfaltung
Renaissancezeit, die so robust zu herrschen, zu
drängende Natur wie eine lästige Nachbarin der Natur, auf diesem Lehm= und Sandboden
bauen und zu genießen verstand, solche Collec¬
von sich abwehren, flüchtete ich im optimisti= der Mark, das Vorhandene muthet an, wie
tivstimmungen gegeben hat, mag ganz bei
schen Glauben an frühe Tage der Wonne von das Ergebniß einer tapferen Entwickelung, wie
Seite bleiben. Der Dichter brauchte eben nur
Berlin in die nabe östliche Waldgegend, die
der Erfolg eines Schlichtgebornen, der alle
eine Farbenmischung jener Zeit, die von rück¬
man mit einem Gemische von Stolz und Ge¬
Schaffenstriebe in sich geweckt und genährt hat.
sichtsloser Begier und ästhetischer Cultur, von
nügsamkeit als die „märkische Schweiz“ be¬
Die Mittagssonne ließ die feinen Linienzüge
künstlerischem Raffinement und Gefühlsbarbarei,
zeichnet. Etwas umständlich, in einstündiger
der Hügelketten und der einzeln sich vom
um die urmoderne Tragik, die ihm vorschwebt,
Fahrt auf der großen Linie nach Königsberg
Himmel abzeichnenden kahlen Bäume so scharf
die des todten Glaubens bei überlebendigen
und auf einer kindlich gemüthlichen Secundär¬
wie möglich hervortreten, zauberte einen silber¬
Sinnen ins Grandiose zu übertragen. Darum
bahn, die von Müncheberg abzweigt, gelangt
nen Schimmer auf die dunkele Fluth, an deren
versetzte er einige Bedingungen jener Renaissance¬
man zu einem der Hauptorte des so stolz be¬
Rand überschneite Eisschollen, edelsteinartig zeit, in der die Borgias prunkten und wütheten,
nannten Hügellandes, das eine Oase in dem
schimmerten, tauchte das knorrige Kieferngeäste
in eine Situation, die etwa an den Hexen¬
flachen und sandigen Gebiete bildet. Aus dem
in rothe Goldtöne, die schlanken zarten Birken¬
sabbath der Johann von Leyden und Knipper¬
alten Städtchen Buckow, das von Kiefernwäl¬
zweige in violetten Schimmer und die vom
dolling erinnert. Die Stadt, ihr Herzog und
dern und kleinen dunklen Seen umschlossen
Stamm herabhängenden Weidenruthen in gelben
ihre Bürger sehen einem hoffnungslosen Kampfe,
ist, hat man einen Luftcurort gemacht, der
Glanz. Dennoch war's kein Frühlingsbild,
in dem voraussichtlich alles zu Grunde gehen
nach norddeutscher Art seine bescheidenen Herr¬
trotz blauen Himmels, Sonnenpracht und Far¬
wird, entgegen. Der Galgenhumor des Genu߬
lichkeiten in peinlichster Anordnung zur Schau
benreichthum
eisig wehte es von Nordost
wahnsinns hat alle befallen, Hoch und Nieder,
trägt. Während im böhmischen Mittelgebirge
herüber — es war Verlangen, Sehnen, Werden
Mächtige und Plebejer, Hetären und Bürgers¬
und im Böhmerwald der Wanderer heute noch
und Schönheitahnen darin, aber alles — mit
töchter, blasirte Epikuräer, die die gewagte
Entdeckungen machen kann, und überrascht von
kaltem Lächeln.
Probe auf die ganze Lebensrechnung machen,
namenloser Schönheit ausruft: wie konnte
Kaltes Licht! Wie ein Leitmotiv klang es
und durstige junge Menschen, die im Taumel¬
solche Pracht den Naturfreunden nur so lange
in mir nach, als wir uns von unserer Wande¬
alle Wonnen des Daseins auskosten möchten,
„verborgen bleiben, ist hier alles bestimmt, aus¬
rung im Freien in das verödete Gasthaus
Aus diesem Bacchanale im Schatten der nahen¬
gerechnet, mit Namen und Schild versehen.
zurückzogen, wo man uns wie bedenkliche Son
den Vernichtung ragen drei typische Gestalten
Auch hier die Sparsamkeit und das Selbst= derlinge, mit einem Gemische von Scheu und
hervor, ein in Uippigkeit dahinlebender Dichter,
bewußtsein, die zum Erfolge führen. In den Zartgefühl behandelte und wo wir in der,
der Ehre und Treue um ein berückendes Mäd¬
rauhen Tagen des Vorfrühlings, in denen ich
durch einen kleinen Eisenofen nothdürftig er¬
chen preisgibt, aber dabei von diesem Mädchen
den langgestreckten Ort betrat, an dessen alte
wärmten Stube die langen Abende plaudernd
mehr verlangt als von sich selbst, und es zwei¬
Baraken die Bauspeculation rasch eine Reihe
und lesend verbrachten, während die Stürme
mal von sich stößt, weil es von einem Andern
von lockenden Willen angegliedert hat, machte
des Vorfrühlings die schwachen Fensterscheiben
träumt und weil es nicht den Muth hat, mit
die Leere und Ruhe des verlassenen Luftortes
umsausten. Ein neuerschienenes Drama hatte
ihm zu sterben; der Herzog, der Machthaber
einen unsäglich melancholischen Eindruck.
mich in die ländliche Einsamkeit hinausbe¬
der Stadt, der vor dem Todeskampfe die Liebe
Uiberall die praugenden Aufschriften für die Tau¬
gleitet, und, daß ich es gleich hinzufüge, meiner
freigibt, und der, um offenkundig alle Schran¬
sende von Ausflüglern, deren Strom sich all¬
Ansicht nach das bedeutendste, das in diesem
ken zu durchbrechen, sich in der Nacht vor dem
sonntäglich im Sommer nach dieser spielzeug¬
Winter aus Licht gekommen ist, und bezeich¬
Treffen mit der erstbesten Schönheit, die auf
artigen Gebirgswelt hinauswälzt, Anpreisungen
nender Weise just dasjenige, dem sich alle der Straße seine Sinne reizt, in einer wilden
der Seeaussicht, des Gebirgsgartens, d. h.
Bühnen, auch die wagemüthigsten in Berlin
Hochzeit vermälen läßt, und endlich das Mäd¬
eines Hügelchens mit bescheidenster Vegetation,
und Wien bis jetzt verschlossen haben: Das
chen, die das Opfer der beiden Blasirten wird,
eine Tafel mit den anreizenden Worten: „Der
Schauspiel „der Schleier der Beatrice“ von und der sich zugleich Beide dahinopfern, eine
alte Brauch wird nicht gebrochen, hier können
Arthur Schnitzler. Das Stück nahm mich an
naive Hetäre, die von Einem zum Andern
Familien Kaffee kochen“, allerhand poetische jenem Bukower Abend gefangen, und erfüllte
läuft, die weder der Macht, noch der Sinn¬
Namen für den Stimmungszauber der einzelnen
die Abgeschiedenheit mit einer Fülle lebendiger
lichkeit widerstehen kann, aber an der Schwelle
Puncte, zu denen man auf gut gebahnten We= Bilder. Es ist ein Renaissancestück in Versen
des Todes den Einen wie den Andern verläßt.
gen gelangt, und dazu tiefe Einsamkeit, dörsi¬
und wer die neuesten Strömungen unserer
Beatrice heißt diese Tochter einer kupplerischen
sche Halbcultur und eine fast beängstigende
Literatur kennt, der würde auf diese Bezeich¬
Mutter und eines tollen Vaters, die unbewußt
Stille, die nur durch den Lärm der Schul¬
nung hin vermuthen, daß es in stylfreudiger
allen dämonischen weiblichen Justincten folgt,
jugend, die einen anrückenden Möbelwagen
Reaction gegen die Schroffheit der Wirklich¬
und der Verlust ihres Schleiers, der zur Ent¬
mit Huronengeschrei als Wunder begrüßt, in
keitsmalerei entstanden ist. Aber damit hängt
deckung ihres unheimlichen Trieblebens führt,
naiver Waise unterbrochen wird. Uiber der
das Werden dieses Gedichtes keineswegs zu¬
ist offenbar symbolisch für die Entschleierung
noch halb erstarrten Landschaft aber scheint
sammen. Die Renaissance ist da nicht von
der entidealisirten Weiblichkeit, an der die Bla¬
mir ein ironisches Lächeln zu schweben. Unbe¬
ihrer lichten, heitern, üppig=lebensfrohen Seite
sirtheit der Männer zu Grunde geht. Man
löstigt von den Naturkneipern, die die großen
gefaßt, sondern in jener düsteren, wollüstigen
merkt wohl, daß eine Seite des Faust und
Restaurationen belagern, unbesteuert von den
Grausamkeit dargestellt, die das furchtbare
Don Juan = Problems in diesem farbenreichen
Speculanten, die als Agemien des Naturschau¬
Extrem eines souverönen Lebensmuthes bildete,
Drama auftaucht; aber es ist eben nur eine