II, Theaterstücke 14, Der Schleier der Beatrice. Schauspiel in fünf Akten (Shawl), Seite 215

14. Der Schleier der Beatrice
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N8 450
4| 104.
„Der Schleier der Beatrice"*), Schau¬
spiel in fünf Akten, ist ein echer Schnitzler wnn
es auch im Bologna des 16. Jahrhunderts spielt. Die
dramatische Art Arthur Schnitzler's ist bekannt. Das
neue Drama fügt ihr nichts Neues hinzu. Man muß
auch hier wieder sein technisches Geschick, die intimen
Reize seiner Sprache und manche psychologische Feinheit
bewundern. Schnitzler möchte vor Allem in dem Her¬
zog, einigen Adeligen und einigen Personen aus dem
Volk Renaissancemenschen gestalten. Es sind aber im
Grunde doch Alles Wiener von heute. Und die wilde
Orgie gegen Schluß ist nicht renaissancemäßig, weil sie
mehr aus echt modernem Galgenhumor, als aus dem
aller Grenzen spottenden Ueberschwang stammt. Die
eine Courtisane ist für ihre Zeit sogar übermäßig senti¬
mental ausgefallen. Auch Filippo Loschi, der Dichter,
sah länger die Donau als den Reno. Dagegen ist Bea¬
trice, die dem Geschlechte der „Renate Fuchs“ von
Wassermann nahe verwandt ist, wieder außerordentlich
fein und zart. Der Bau als Ganzes zeugt von großer
Klugheit. Viel Kunst und Können ist in Allem, aber
nicht genug lebendige Fülle. Man bewundert oft, aber
wird selten warm. Die starke Steigerung von Akt
zu Akt hat ihren Grund mehr in der überaus geschickten
und wirksamen Technik als in der inneren Gestalt der
dargestellten Menschen und ihrer Entwicklung. Mit alle¬
dem soll natürlich nicht bezweifelt werden, daß Schnitz¬
ler einer der wenigen zeitgenössischen Dramatiker ist,
die eigne Physiognomie und große Reize besitzen. Aber
Blut hat er zu wenig. Nach meiner unmaßgeblichen
Meinung sind die Renaissancemenschen überhaupt die
dramatisch ungefähr undankbarsten, unergiebigsten
Megschen. Sie waren viel zu sehr aus einem, harten
Gußdgiel zu sehr ohne seelische Risse und innere Kon¬
flikte. Und wenn auch fast alle Dramatiker von heute
##hnal diesem Lichte zuflattern, so versengen sie sich
doch zir die Flügel oder nehmen jenen Menschen —
sei's bewußt, sei's unbewußt — das eigentlich Renais¬
sancemäßige. So gewaltige Schicksale sie oft gehabt
haben, sie wuchsen nicht aus ihnen heraus, sondern
kamen von außen an sie heran.
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Wosanur Geusech aasdeng.
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Arthur Schnitzler hat ein Schau¬
spiel mit tragischem Ausgange,
„Der
Schleiepder Beatrice“ veröffentlicht.
Das Stück spielt in der lebensfreudigen ita¬
lienischen Renaissance, und der Verfasser
hat,es versucht, uns Charaktere vorzufüh¬
ren, die sich die Lust am Heute durch die
Wolken von Morgen nicht verdüstern lassen.
Aber die Lebensfreudigkeit der Schnitzler¬
schen Renaissancehelden ist von so grobsiun¬
licher Oberflächlichkeit, daß alles Grandiose
darüber verloren geht. Für diese Gesell¬
schaft, die angesichts des sicheren Todes nur
an Liebesabenteuer denkt, fehlt uns Deut¬
schen Verständuis und Mitgefühl. Die
Sprache des Stücks ist nicht ohne Poesie,
wenngleich phrasenhaft.
Von demselben=Verfaffer ist eine Novelle
„Leutenauk Gustl“ erschienen. Auch
hier führt aus der Autor einen leichten,g
haltlosen Charakter vor aber der Held
ansprücht kein dramatisches Mitgefühl und
wir erkennen in der leicht hingeworfenen,
flotten Zeichnung wirkliches=Leben wieder.