box 20/4
14. Der Schleier der Beatrige
danken und Empfindungen, die wir sie künden hören, nicht so ihm die Treue gebe
Artur Schnitzlers „Schleier der Beatrice“.
recht zusammengeschmolzen. Vor allem: die Hauptgestalt schickt er die Weine
wird nicht so klar, daß sich uns mit aller Eindringlich=sie mit ihm zu ster#
□01216
P. H-r. Berlin, 8. März.keit erschließt, was der vom Dichter gewollte letzte Sinn Beatrice sich von
Am Sonnabend sahen wir im Deutschen Theater Artur seiner Dichtung ist. Wer ist diese Beatrice? Die Er¬
stimmen, einem wach
Schnitzlers Schauspiel Der Schleier der Beatrice“ Wun¬
klärung, die der Dichter selbst am Schluß von ihrer Natur
zum Altare zu folg
derbar genug, daß es einer verhältnismäßig so langen Zeit be¬
und Art geben läßt, läuft darauf hinaus, daß sie gleichsam träu= sie auf den Herzog.
durfte, ehe das Werk — das ja auch anderwärts seine Schicksale
mend, in naiver Selbstverständlichkeit, in halber Unbewußtheit wie zuvor eineu so best#
gehabt hat — seinen Weg auf die reichshauptstädtische Bühne fand,
ein Kind, all das Seltsame und Abenteuerliche hinnimmt, das ihr
sie ihm freiwillig
an der Schnitzler zu Wort zu gelangen pflegt. Noch wunderbarer
das Leben zuwirft. Aber diese vom Dichter herrührende Erklä= Entscheidung auf
freilich die Aufnahme, die ihm zu teil wurde. Denn ziemlich früh
rung trifft uns wie eine Überraschung. So hatte sich uns Beatrice sofern er sie sich
schon meldete sich eine Onvosition, die nach den späteren Akten
doch nicht gezeigt; im Gegenteil: man ist eher geneigt, anzunehmen, daß sie seine Gem
immer stärker anwuchs. 2
Jeifall, der daraufhin um so inten¬
daß in ihr etwas von dem Wedekindschen „Erdgeist“=Weibe steckt. Hochzeitsfest zu rüst
siver wurde, behielt die Ob¬
), der Dichter konnte wiederholt vor
Da der Schleier der Beatrice sich somit für uns nicht heben will, weg und eilt heiml
der Gardine erscheine:
aber es bleibt die Tatsache be¬
wirkt fast wie ein willkürliches Zufallspiel, was aus Art und sie treibt: ihm woll
stehen daß es auch
te Opposition gab. Wiederum muß
Natur Beatricens mit innerer Notwendigkeit entspringen soll. aber Loschi sie prüß
man sich erstaunt und fragen: weshalb Mag das Werk
Auch war es vielleicht nicht förderlich, daß Schnitzler um er ihr reicht, Gift
diesem oder jenem nich gefallen — über den Geschmack läßt sich
die Haupthandlung herum gar zu viele andere Motive an=Angst vor dem Tod
nicht streiten. Muß darum gleich gezischt werden? Es ist in der
gehäuft hat, die sich nicht entfalten können.
Immerhin, dem Leben. In
Tat so, als ob man sich aus dem Zischen einen vergnüglichen
es steckt so viel Feinheit und Schönheit in der Dichtung, und trinkt nun
Sport machte: und dabei scheint man gar keine Rücksicht darauf
daß sie eigentümlich anzieht und fesselt
Schnitzler Beatrice stürzt in
zu nehmen, wen man vor sich hat. Vor einer dichterischen Per¬
führt uns in die Epoche der Renaissance. Bologna wird von den
zurück zum Hoch
sönlichkeit vom Schlage Schnitzlers sollte man doch unter allen
päpstlichen Truppen unter Cesare Borjia bedroht und niemand weiß, Fehlen bemerkt.
Umständen mehr Respekt haben
ob nicht der nächste Tag schon Entsetzen und Vernichtung bringen keit nachgewiesen w
Was die Wertung des Werks selbst anlangt, so stimmt mein
wird. Das ist der Untergrund, auf dem die Handlung sich erhebt. ser ihr geschenkt; ge
Geschmack jedenfalls mit dem der Zischer nicht im entferntesten
Die wunderschöne Beatrice Nardi hat Herz und Phantasie des
so sei der Tod ihr
überein. Nach meinem Empfinden handelt es sich um eine Dich= Dichters Filippo Loschi bezaubert. Um der einfachen Bürgerstochter sichert. Und Beatr
tung, die eine Fülle dichterischer Schönheiten enthält, aus der
willen verläßt er seine stolze Brant, schlägt er die Einladung die Leiche des Dich
durchweg ein feiner dichterischer Geist zu ins spricht. Schnitzler!
des Bologneser Herzogs ab. Er will mit ihr fliehen, um sich
kennen gelernt. Da
greift nach Großem, und in der Gestaltung des Großen, das ihm
und sie aus Graus und Not zu retten. Schon werden
Beatrice, die jetzt
vorgeschwebt hat, sucht er den Spuren eines Allergrößten zu folgen: die Pferde gesattelt: da verrät Beatriée dem Geliebten, ihrem Bruder gerich
man wird häufig nolens volens an das Shakesp#irische Vorbild wie der Herzog ihr auf der Straße begegnet sei und sie
Entscheidungskampf
gemahnt. Auch ich bin nicht der Meinung, daß S##itzler mit dem)so merkwürdig angeblickt habe; und wie ihr daraus ein lockender
Dies der Kern
Schleier der Beatrice“ ein Werk geschaffen hat, das den Stempel der l schmeicheknder Traum entsprossen sei, in dem sie sich als
Detailschilderung un
Vollendung an sich trägt. Seine Menschen sind ihm nicht zu reichem, Herzogin gesehen, das fällt umwandelnd in das Gemüt Loschis:
Beatrice, die man
vollem Leben gediehen; sie sind in ihrer Wesenheit mit den Ge¬die Frau, die, während die Liebe ihn und sie umspinnt, in Gedanken
14. Der Schleier der Beatrige
danken und Empfindungen, die wir sie künden hören, nicht so ihm die Treue gebe
Artur Schnitzlers „Schleier der Beatrice“.
recht zusammengeschmolzen. Vor allem: die Hauptgestalt schickt er die Weine
wird nicht so klar, daß sich uns mit aller Eindringlich=sie mit ihm zu ster#
□01216
P. H-r. Berlin, 8. März.keit erschließt, was der vom Dichter gewollte letzte Sinn Beatrice sich von
Am Sonnabend sahen wir im Deutschen Theater Artur seiner Dichtung ist. Wer ist diese Beatrice? Die Er¬
stimmen, einem wach
Schnitzlers Schauspiel Der Schleier der Beatrice“ Wun¬
klärung, die der Dichter selbst am Schluß von ihrer Natur
zum Altare zu folg
derbar genug, daß es einer verhältnismäßig so langen Zeit be¬
und Art geben läßt, läuft darauf hinaus, daß sie gleichsam träu= sie auf den Herzog.
durfte, ehe das Werk — das ja auch anderwärts seine Schicksale
mend, in naiver Selbstverständlichkeit, in halber Unbewußtheit wie zuvor eineu so best#
gehabt hat — seinen Weg auf die reichshauptstädtische Bühne fand,
ein Kind, all das Seltsame und Abenteuerliche hinnimmt, das ihr
sie ihm freiwillig
an der Schnitzler zu Wort zu gelangen pflegt. Noch wunderbarer
das Leben zuwirft. Aber diese vom Dichter herrührende Erklä= Entscheidung auf
freilich die Aufnahme, die ihm zu teil wurde. Denn ziemlich früh
rung trifft uns wie eine Überraschung. So hatte sich uns Beatrice sofern er sie sich
schon meldete sich eine Onvosition, die nach den späteren Akten
doch nicht gezeigt; im Gegenteil: man ist eher geneigt, anzunehmen, daß sie seine Gem
immer stärker anwuchs. 2
Jeifall, der daraufhin um so inten¬
daß in ihr etwas von dem Wedekindschen „Erdgeist“=Weibe steckt. Hochzeitsfest zu rüst
siver wurde, behielt die Ob¬
), der Dichter konnte wiederholt vor
Da der Schleier der Beatrice sich somit für uns nicht heben will, weg und eilt heiml
der Gardine erscheine:
aber es bleibt die Tatsache be¬
wirkt fast wie ein willkürliches Zufallspiel, was aus Art und sie treibt: ihm woll
stehen daß es auch
te Opposition gab. Wiederum muß
Natur Beatricens mit innerer Notwendigkeit entspringen soll. aber Loschi sie prüß
man sich erstaunt und fragen: weshalb Mag das Werk
Auch war es vielleicht nicht förderlich, daß Schnitzler um er ihr reicht, Gift
diesem oder jenem nich gefallen — über den Geschmack läßt sich
die Haupthandlung herum gar zu viele andere Motive an=Angst vor dem Tod
nicht streiten. Muß darum gleich gezischt werden? Es ist in der
gehäuft hat, die sich nicht entfalten können.
Immerhin, dem Leben. In
Tat so, als ob man sich aus dem Zischen einen vergnüglichen
es steckt so viel Feinheit und Schönheit in der Dichtung, und trinkt nun
Sport machte: und dabei scheint man gar keine Rücksicht darauf
daß sie eigentümlich anzieht und fesselt
Schnitzler Beatrice stürzt in
zu nehmen, wen man vor sich hat. Vor einer dichterischen Per¬
führt uns in die Epoche der Renaissance. Bologna wird von den
zurück zum Hoch
sönlichkeit vom Schlage Schnitzlers sollte man doch unter allen
päpstlichen Truppen unter Cesare Borjia bedroht und niemand weiß, Fehlen bemerkt.
Umständen mehr Respekt haben
ob nicht der nächste Tag schon Entsetzen und Vernichtung bringen keit nachgewiesen w
Was die Wertung des Werks selbst anlangt, so stimmt mein
wird. Das ist der Untergrund, auf dem die Handlung sich erhebt. ser ihr geschenkt; ge
Geschmack jedenfalls mit dem der Zischer nicht im entferntesten
Die wunderschöne Beatrice Nardi hat Herz und Phantasie des
so sei der Tod ihr
überein. Nach meinem Empfinden handelt es sich um eine Dich= Dichters Filippo Loschi bezaubert. Um der einfachen Bürgerstochter sichert. Und Beatr
tung, die eine Fülle dichterischer Schönheiten enthält, aus der
willen verläßt er seine stolze Brant, schlägt er die Einladung die Leiche des Dich
durchweg ein feiner dichterischer Geist zu ins spricht. Schnitzler!
des Bologneser Herzogs ab. Er will mit ihr fliehen, um sich
kennen gelernt. Da
greift nach Großem, und in der Gestaltung des Großen, das ihm
und sie aus Graus und Not zu retten. Schon werden
Beatrice, die jetzt
vorgeschwebt hat, sucht er den Spuren eines Allergrößten zu folgen: die Pferde gesattelt: da verrät Beatriée dem Geliebten, ihrem Bruder gerich
man wird häufig nolens volens an das Shakesp#irische Vorbild wie der Herzog ihr auf der Straße begegnet sei und sie
Entscheidungskampf
gemahnt. Auch ich bin nicht der Meinung, daß S##itzler mit dem)so merkwürdig angeblickt habe; und wie ihr daraus ein lockender
Dies der Kern
Schleier der Beatrice“ ein Werk geschaffen hat, das den Stempel der l schmeicheknder Traum entsprossen sei, in dem sie sich als
Detailschilderung un
Vollendung an sich trägt. Seine Menschen sind ihm nicht zu reichem, Herzogin gesehen, das fällt umwandelnd in das Gemüt Loschis:
Beatrice, die man
vollem Leben gediehen; sie sind in ihrer Wesenheit mit den Ge¬die Frau, die, während die Liebe ihn und sie umspinnt, in Gedanken