II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 438

4.9. Anat
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29. 1. 1918
scher Courier, Nürnberg
Theater und Musik.
leiter innstille.
G. Nürnberg, 27. Januar. Die gestrigen Auf¬
führungen aus Schnitzlers „Anatol" fingen
gut und vielversprechend an. Die kurze Dialogszene
„Weihnachtseinkaufe" am heraus, wie es sich gehort:
Leicht und sein skizziert, anspruchlos, aber liebens¬
würdig unterhaltend und voll int mer Reize. Fräulein
Hassenberg entsprach dem allen durchaus, sie brachte
zur Gabriele alles mit, was dazu gehört, und sah vor
allem recht vorteilhaft aus. Auch Herr Rotmund ge¬
fiel mir hier, in diesem ersten Stuck, noch recht gut
Im zweiten Einakter, der „Episode", fiel er ab. Aber
nicht bloß er die ganze Darstellung tat es. Gewiß
— schlecht war sie nicht eben, nur hart, hölzern eckig
Das aber will bei Werken von solch graziler Struktur
schon viel heißen. Es fehlte der hier unbedingt
nötige Schmiß. Frl. Steuermann kann nicht flirren,
schillern, glitzern. Unwillkürlich muß man wieder an
Frau Olly denken — und an Schindler. Schindler
war der geborene Anatol. Herrn Rotmunds Anato
war zu sehr auf einen Ton gestimmt, und zwar auf
einen zu tiefen, zu dunklen. Seine Auffassung von
der Rolle mag allerdings richtig sein, aber in die
Praxis umgesetzt wirkt sen Anato langweilig. Ziem¬
lich ganz daneben geriet schließlich das „Abschieds¬
souper". Man hatte schlecht gelernt und mußte daher
schwimmen. Oft schen es mir, als ob aus dem
Stück etwas ganz Neues werden wolle. Was heraus¬
gehoben gehört hätte, ging in der allgemeinen
Wurstelei unter, und umgekehrt kom Nebensächliches
viel zu stark unterstrichen heraus. Dazu wurde natür¬
lich auch hier wieder zu grob gespielt, faustdick aufge¬
tragen, besonders von Frl. Heinlein.
Die szenische Ausstattung konnte man in allen drei
Stücken gelten lassen. Herr v. Gordon hatte die Spiel¬
leitung. Das gut besetzte Haus schien von den darge¬
botenen Leistungen befriedigt.
en una

St. Pöltner Zeitung
„Anatole von Arthur Schnitzler. Die bekannten, oft
und mit Erfolg gekter Schnitzlers, Bilder
meist heiterer, doch auch wehmütiger Art aus dem Leben
eines geistreichen Wiener Lebemannes. Herr Leop. Kramer
vom deutschen Volkstheater in Wien, der Virtuose in der
Darstellung eleganter Lebemänner, war natürlich Anatol;
keine Pointe, keine Feinheit des geistsprühenden Schnitzler¬
schen Dialogs entging ihm. Herr Direktor Höller war ein
gleich gewandter Max. Das Zusammenspiel der beiden her¬
vorragender Künstler war von tadellosester Exaktheit. Frl.
Seibert war eine anmutige Cora, Frl. Romani eine
elegante Gabriele Frl. Mann gab die Annie temperament¬
voll, drastisch und doch außerordentlich dezent, Frl. ser
brachte die kleine Rolle der Bianka zu bester Wirkung und
Frl. Rotter war eine vorzügliche Ilona. — Leider machten
einige Theaterbesucher durch empörend rüdes Be¬
nehmen sich in so widerlicher Weise bemerkbar, daß der
größte Teil des Publikums wider diese un qualifizierbare
Roheit entrüstet Stellung nahm; freilich war durch diesen
Zwischenfall dieser Theaterbesucher der sonst so schöne Abend
gründlich verdorben.