II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 719

4.9. Anatol
klu-
Stadt Heimat geworden, Staatsmann, Dichter, Lebens¬
künstler und Philosoph in Marschallsuniform, aus seinem
überreichen Leben. Sein Weg kreuzte alle irgendwie her¬
vorragenden Geister aus der zweiten Hälfte des 18. Jahr¬
hunderts bis zum Kongreß. Die Erscheinungen Maria
Theresias, Josefs II., Friedrichs des Großen, des Fürsten
Kaunitz, Poniatowskis, Katharina II., Marie Antoinettes,
der Dubarry, Napoleons, Goethes, Rousseaus, ziehen
vorüber. Das Buch ist mit einer verschwenderischen Fülle
von Bildern schöner Frauen und bedeutender Männer
ausgestattet, zum Teil aus privaten Sammlungen, die nur
dem Herausgeber, dem feinfühlenden Literaten und Archiv¬
forscher Viktor Klarwill, zugänglich waren.
Das war nach Anatols Geschmack! Er begann seine
Weihnachtsankäufe damit, daß er den Fürst von Ligne¬
sich selbst zum Geschenke machte.
Von den älteren Wiener Verlagsanstalten macht sich auch
der Verlag Carl Kongen durch die Herstellung kleiner
reizender Geschenkwerke bemerkbar, durch die in wun¬
dervollem mehrfarbigen Steindruck hergestellten Mappen¬
werke der Goethe-Lieder, Mörike-Gedichte, Eichendorff
und Heine-Lieder. Wertvoll auch die Herausgabe der
billigen Sammlung Kongens Kinderbücher, von
denen in Kürze bereits 100 Nummern vorliegen werden
und die wegen ihres internationalen Charakters als eine
Weltliteratur für die Jugend bezeichnet werden können,
ebenso die bunten, künstlerisch vollendeten, Wiener
Bilderbücher.
Vortreffliches bietet auch Gerlach's Jugendbücherei.
Bisher sind 34 nach pädagogischen Grundsätzen ausge¬
wählte Texte, mit farbigen Bildern nebst reichem Buch
schmuck ausgestattete Bücher erschienen. Gerlach und
Wiedling besorgen auch die wertvolle, kritische Grillparzer¬
Ausgabe der Stadt Wien, geleitet von Professor August
Sauer. Sie ist in diesem Jahre wieder rüstig fortgeschritten.
Auch das Sammelwerk der Altwiener Volks- und
Hausmusiklieder muß wieder seine Freunde finden
ist doch auch darin ein letzter Gruß vom besseren,
einstigen Wien aufbewahrt!
Als ob die Schwierigkeiten des Verlagsbetriebes die
Unternehmungslust angefacht habe, mutet die Wahr¬
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nehmung an, daß wir gerade in den letzten Jahren eine
beachtenswerte Anzahl neuer Verlagsfirmen erhalten
haben, die alle Wiener Literatur im besonderen pflegen.
Eine der rührigsten, Eduard Strache, äußert schon etwas
vom Sturm und Drang, der unserer Zeit innewohnt, ein
Sturm und Drang, der sich weniger ästhetisch als ethisch,
in sozial angehauchter Literatur, kundgibt. In Prosa und
Vers kommen die Jungen und Jüngsten, aber auch Alt¬
Wien durch zwei neue Bücher von Gugitz zu Worte
Ein literarisches Monumentalwerk wird die Veröffent¬
lichung der Wiener Staatsbibliothek, das Musein,
werden. Dieses einzigartige Sammelwerk wird die aus dem
berühmten Institute hervorgehenden Forschungen vereini¬
gen und besonders wertvolle Bestände in kritischen Neu¬
ausgaben weiteren Kreisen der gelehrten und bibliophilen
Welt, aber auch dem Publikum, dienstbar machen.
»Linksorientiert ist auch der Verlag der Wiener Gra¬
phischen Werkstätte unter Leitung des Schriftstellers
Fritz Karpfen. Nennt man seine Autoren Grünwald.
C. J. Haidvogel, Anton Kuh, F. T. Csokor, so hat man auch
seine literarische Richtung angegeben. Zwei interessante
Publikationen sind in Vorbereitung: das Egon Schiele
Buch mit über hundert Reproduktionen; das Peter
Altenberg-Buch, herausgegeben von Egon Friedell, ent¬
haltend den Briefwechsel. Würdigungen des Dichters
von den bedeutendsten Geistern der Zeit, geschmückt
mit zahlreichen Abbildungen. Prof. B. Steiner ist künst¬
lerischer Leiter.
Ein Verlag rein belletristischer Natur ist die WILA
die Wiener Literarische Anstalt, die in erster Linie heimi¬
schen Autoren eine Stätte im eigenen Vaterlande bietet
und ihnen den Weg über die deutschen Verleger ersparen
will. Das Buch der Fürstin Pauline Metternich-Sandor
ist natürlich ein Geschenkbuch par excellence für Damen;
es ist auch ein schönes Buch mit feinen künstlerischen
Reproduktionen nach Originalgemälden von Rudolf Alt.
Daffinger, Kriehuber und Winterhalter. Unsere besten
Namen sind im Verlage zu Gaste: Busson, M. E. delle
Grazie, Georg Terramare, F. K. Ginzkey, Ludwig Hirschfeld.
Von Ludwig Hirschfeld bringt auch der Verlag
Perles ein entzückendes Buch: »Manzi und Mully,