III, Einakter 8, (Lebendige Stunden. Vier Einakter), Die letzten Masken (Der sterbende Journalist), Seite 76

M.
8. Die-letztensken

Ausschnitt aus: Breslauer Seneraf Anyaiger
18. MAl. 191
auntwerue
J. C. W.
Vobelheater.
Den Zusammenbruch der
einigen Tagen an dieser
#anssolf har ungen bezeichtet¬
Stelle als die Tragik in Schn
Und diesen Zusammenbruch der Illusion sollen vor allem
auch die drei Einakter zeigen, die am Mittwoch in Ehren
des fünfzigjährigen Dichters im Lobetheater aufgeführt
lwurden. Sie waren glücklich gewählt zu dem Ehreiztage,
——
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denn gerade sie deuten auf alles, was das Wesen Schnitzler¬
schen Könnens ist. Der Desillusionist geht hier an die drei
großen Probleme, die ihn von Anfang an beschäftigt haben:
das Leben, die Kunst und die Liebe. Der Arzt ist in den
„letzten Werken“ am Werke, die letzten Dinge blo߬
zulegen mit jener Vertrautheit, die sich aus seinem Beruse,
mit jener Kunst, die sich aus seiner dichterischen Quali=,
sikation ergibt. Der lächelnde Philosoph hat sich das
Thema „Literatur“ gestellt und sieht es nun mit dem
milden Spotte, der in Herzensgüte und Weltklugheit seine?
Quellen hat. Und der Seelenforscher wandelt im „Ab¬
schiedssouper“ das Thema Liebe ab, zeigt an seinem
Anatol und an seinem geliebten Wiener Mädel, daß auch
hier nur alles Schein ist. Und auch darum war es gut,
diese Einakter zu geben, weil (wie man namentlich am
„Schleier der Beatrice" sehen kann) des Dichters
dramatischer Atem zu der großen Tragödie doch nicht ganz
ausreicht, während sich gerade an diesen kleinen Szenen
seine Kunst des L'selierens und Pointierens aufs glück¬
lichste bewährt.
Als das liebe kleine Wiener Mädek hat sich Frl.
Reila Zauck von uns verabschiedet und der — man
verzeihe das harte Wort — unerhörte Applaus, die vielen
Alumen, haben ihr und uns gezeigt, wie gut sie es ver¬
standen hat, sich in unsere Herzen einenschmeicheln. Frl.
Jancks starkes Können, ihr ernster künstlerischer Wille und
last not least der Liebreiz ihres Weiens, haben ihr wohl¬
verdiente Gunst gebracht und den Abschied von ihr nicht
leicht gemacht.
trobl war in all den drei Einaktern
gleich trefflich, sehr gut auch Schmidt in den letzten
Masken.
#1.
Schauspielhaus.
box 34/7
Klose & Seidel
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Zeitung:
Bresia
On: —
Datum: —
Lobetheater.
Wir lebephin einer Zeit, die gar zu gerne Feste feiert und Geden!
tage begeht-s bei passenden und unpassenden Gelegenheiten. Auf da
Konto der kuspassenden Gelegenheiten buchen wir es nun, wenn ma
den 50. Geburtstag eines Schriftstellers als
bedeutsames Ereigni
feiert, der zwar manch gutes Werk geschaffen, aber bis jetzt durchau¬
nichts Unsterbliches geleistet hat. Wir wollen die Verdienste de
Wiener Schriftstelliers Artur Schnitzler in keiner Weise per
kleinern, hierten es aber für mmangebracht, „zum 50. Geburtstage“ einen
besonderen, seinem Gedächtnis gewidmeten Abend hier wie anderswe
zu veranstalten. Wir hofften vielmehr, daß er —
da er ja im bester
Mannesalter steht — noch weit bessere Werke schaffen wird wie bisher¬
Am Mittwoch abend hat die Direktion des Lobetheaters aus seinem,
Einakterzyklus „Lebendige Stunden“ das Schauspiel „Die letzten
Masken“ und das Lustspiel „Literatur“ herausgeholt und uns
am
Schluße mit dem „Abschiedsouper“ aus dem Anatolzyklus erfreut. In
echtes Wiener Milieu führen uns die drei Einakter.
„Die letzten Masken“, die im Wiener allgemeinen Kranken¬
haus spielen und manche tragische Momente haben, spiegeln das Leben
eines Wiener Journalisten wieder, dem das Schicksal übel mitgespielt
hat. Die Verbitterung, die ausschließlich von ihm Besitz ergriffen hat,
warf ihn aufs Sterbebett. Der Haß gegen seinen früheren Freund,
der es als erfolgreicher Schriftsteller zu vielen äußeren Ehren gebracht,
lodert noch einmal in voller Glut empor, macht aber einer sanften
Stimmung Platz, als ihm der Freund gegenübersteht, und als er dessen
geheime Sorgen gewahr wird. Herr Schmidt war als Journalist
Rademacher unübertrefflich, Herr Strobl als Schauspieler Jack¬
werth vollständig am Platze. Die Herren Marx, Iltz, Antony und
Fräulein Rücker verdienen ebenfalls lobend erwähnt zu werden.
Das Lustspiel „Literatur“ möchten wir als geistreiches
Stimmungsbild bezeichnen, das eine überspannte Modedame, einen
modernen Lebemann und einen eingebildeten Schriftsteller vorzüglich
charakterisiert. Bei diesem Stück kommt es außerordentlich viel auf das
Zusammenspiel an. Frl. Kernic sowie die Herren Strobl und Ilt
ergänzten sich gegenseitig und boten alle drei erstklassige Leistungen.
Das „Abschiedssouper“ wurde hier zuletzt am 18.
bruar 1911 aufgeführt. Wir können nur wiederholen, was wir da¬
mals sagten: Das „Abschiedssouper“ ist eine vorzügliche Milieu¬
schilderung aus der Lebewelt, ein Souper, das durch sprühenden Witz
schmackhaft gemacht wird. Der nüchterne, ja brutale Lebemann gelang
hier Herrn Strobl nicht ganz so gut wie im vergangenen Jahre
Herrn Müller. Immerhin war es eine nicht zu unterschätzende Leistung.
Herr Skoda war als Anatol wie immer vorzüglich. Eine Annie
par excellence war wiederum Fräulein Jauck.
Wenn Fräulein Rella Jauck auch am Donnerstag abend noch
einmal auf der Lobetheaterbühne auftritt, so nahm sie doch am Mitt¬
woch im „Abschiedssouper“ offiziell Abschied vom Breslauer Publikum,
Trotz der vorgerückten Jahreszeit war das Haus ausnahmsweise gut be¬
setzt. Das ist nun nicht etwa dem 50. Geburtstage Schnitzlers zuzu¬
schreiben. Diese Tatsache darf vielmehr Fräulein Jauck voll und ganz
für sich in Anspruch nehmen. Wir verlieren in der Künstlerin, die uns
an eine Dresdener Hofbühne weggeholt wurde, eine ganz hervor¬
ragende Kraft, die wir mit aufrichtigem Bedauern scheiden sehen.
So waren denn die Eyrungen, die ihr am Mittwoch abend zuteil ge¬
worden sind, voll und ganz verdient. Die Bühne war — nehrere
Niesenlorbeerkränze und viele Blumenspenden — nach der Vorstellung
sast in einen Hain verwandelt. Durch unzählige Hervorrufe, für die
Fräulein Jauck gerührt dankte, gab das Publikum seine Sympathien
für die scheidende Künstlerin zu erkennen. Selbst als der eiserne Vor¬
hang gefallen war, mußte sich Fräulein Jauck noch mehrmals zeigen.
Wir wünschen der Künstlerin in ihrem neuen Wirkungskreis dieselben
Erfolge und fragen zugleich: Mußten wir sie verlieren? Die Frage
stellen, heißt sie mit Nein beantworten. Es hätte unseres Erachtens
gerade so, wie die Dinge in unserem Theater heute liegen, alles getan
werden müssen, um uns diese Kraft noch zu erhalten. Und noch eine
zweite Frage sei in diesem Zusammenhange hier aufgeworfen: Eine
weitere tüchtige Kraft wird uns verlassen. Fräulein Trude Botz, die
leider im Lobetheater fast gar nicht mehr beschäftigt wurde, ist bekannt¬
lich an die Hofbühne in Wiesbaden verpflichtet worden. Warum hat
die Direktion dieser Künstlerin nicht Gelegenheit gegeben, sich ebenfalls
an der Lobebühne zu verabschieden? Das wäre nur billig gewesen.
Fräulein Jauck sowohl als Fräulein Trude Botz werden schwer zu
Versetzen sein. Die Engagements=Gastspiele des vergangenen Winters
haben jedeufalls den gegenteiligen Beweis nicht erbracht.
P.II.