ich danke Ihnen schön, dass Sie soviel Geduld mit mir gehabt haben. Ich war in 
Wien so im Trubel, dass ich erst hier zur Würdigung ihres 
Jüngsten kam; und da die Besetzungsfragen Ihnen so im Kopf herumgingen, hab ich mir erlaubt,
                        das 
Stück auch gleich an 
Lessing zu schicken. Was Sie also hier lesen, ist das Resultat unserer gesammelten Weisheit,
                        Brahmsche plus 
Lessingische Dramaturgie.
 
                     Der liebliche, niedliche 
J. ist ein ahnungsvoller Engel, und ich möchte das 
Stück das ich fein und lustig finde, 
ebenso spielen lassen. Besonders: lustig. Nur, als »abendfüllend« scheint es mir ungeeignet:
                        es müsste sehr stark gekürzt werden – machen wir schon, wenn Sie uns segnen – und
                        durch einen Einakter eingeleitet oder beschlossen werden. Sonst sagt man uns: zu dünn,
                        zu breit geredet, zu pedantisch genau am Ausschöpfen jeder Wend
ung und Biegung. – Wie dächten Sie, falls Sie meinem Wunsche entsprechen, über 
Schnitzlers 
Mizzi als Beigabe?
 
                     Nun die Besetzung. Ich habe 
Lessing folgendes vorgeschlagen: Heink – 
Reicher, 
Monnard; Marie – 
Lehmann, 
Triesch; Jura – 
Monnard, 
Gebühr; Delfine – 
Herterich, 
Orloff; Eva – 
Orloff, 
Herterich. Er 
hat überall die zuerst genannten für die besseren gehalten und ich tue es auch, genau
                        so. – 
Reicher wird das Charakteristische und den Humor am sichersten herausholen, die Grenze zwischen
                        Alt und Jung trifft er gewiss, die Hinweise auf die Schönheit des Mannes lassen sich
                        wol etwas kürzen; und 
R. hat jetzt eine zweite Blütezeit, die Leute haben ihn wieder gern, – kurz ich mache mich stark für ihn. 
Lehmann fänd ich hervorragend für Marie; und ich glaube, sie wird im Winter wieder bei uns spielen (Dies aber 
völlig unter uns, nicht wahr.) 
Gebühr halt ich etwas zu leicht für den Jura, 
Monnard, der manche »
Veilchenfresser« gespielt hat und Lustspiellaune besitzt, erschiene mir besser. Man könnte aber in
                        den ersten Monaten der Spielzeit noch sehen, ob man diese »Neuen« auch anders 
und kennen und erraten lernt. Die Aufführung dächt ich mir im December oder Januar.
 
                     Sagen Sie mir nur Ihre Meinung, Verehrtester, und seien Sie schönstens gegrüsst, mit allen guten Wünschen.
                     Vom 
Lessing-Theater kommt Ihnen der Liebesbrief mit 3000 Kronen, was Ihnen doch nicht unangenehm ist?