Der Rücktritt des
Burgtheatersekretärs Dr.
Rosenbaum.
Der literarisch-artistische Sekretär der
Hofbühne
Dr.
Richard Rosenbaum ist nach langjähriger Tätigkeit von seiner Stelle zurückgetreten. Die freundlichen
Erinnerungen, die Dr.
Rosenbaum in den Kreisen
der Dramatiker hinterläßt, zeigten sich in den Briefen, die wir auf Wunsch der
Autoren nachfolgend veröffentlichen:
Gerhart Hauptmann.
Lieber und verehrter Dr.
Rosenbaum!
Sie verlassen das
Burgtheater. Ihre Freunde haben
den Wunsch, Ihnen bei diesem Anlasse ein Wort zu sagen. Ich weiß, wie schwer Ihnen
dieser Abschied werden muß, denn ich weiß, wie hingebend Sie das
Burgtheater geliebt haben, ja, daß leben und für das
Burgtheater wirken, für Sie beinahe das Gleiche bedeutet. Danach ist es schwer, Sie
in einem andern, noch so lockenden Wirkungskreis, auch nur vorzustellen. Aber die
Welt ist immer noch weit und Gott ist überall, lieber Herr
Rosenbaum. Mir ist nicht bange um den Tüchtigen.
Ihr Gerhart Hauptmann.
Arthur Schnitzler.
Lieber und verehrter Herr Dr.
Rosenbaum!
Das Amt eines literarisch artistischen Sekretärs, das Sie 17 Jahre lang am
Burgtheater verwaltet haben, war reicher an Arbeit
und Verantwortung als an äußeren Ehren und sonstigem Gewinn; – trotzdem, denke ich,
werden Sie aus einer Stellung, die so lange Zeit hindurch mehr als Ihre Aufgabe –
die beinahe Ihren Lebensinhalt bedeutet hat, nicht ohne innerste Bewegung scheiden.
Innerhalb dieser Zeit gab es gewisse Uebergangsepochen, in denen Ihnen zu einem
höheren Rang als dem eines literarisch-artistischen Sekretärs kaum etwas anders
gefehlt hat, als ein Titel, der diese Tatsache
ausgedrückt hätte; aber auch sonst haben Sie sich stets als der
ordnende, also als ein guter Geist des
Burgtheaters bewähren dürfen, und wie Sie es getan haben, kann Ihrem Ehrgeiz
vollkommen genügen. Denn Ordnung halten in Ihrem Sinn geht weit über die amtliche
Betätigung hinaus, mit dem der Kreis Ihrer Pflichten umschrieben gewesen wäre; ohne
die Fähigkeit des Ueberblicks und ohne ein lebendig-persönliches Verhältnis zu dem
ihm anvertrauten Werk bliebe auch der tüchtigste Beamte eine Art von Pedant. Das
aber, mein verehrter Herr Doktor, sind Sie niemals gewesen, und so werden Sie für
einen neuen Wirkungskreis, der sich Ihnen ja bald eröffnen dürfte, nicht nur Ihre
reichen Gaben und Kenntnisse auf literarischem, theatralischem und administrativem
Gebiet (über die Sie mir weitere Abschiedskomplimente gern erlassen werden), sondern auch das
unverbrauchte Herz und den offenen und gerechten Sinn mitbringen, mit denen Sie vor
17 Jahren die Räume betraten, wo Ihnen bestimmt war, Ihre guten Jugend- und Mannesjahre (die besten kommen
noch) in treuen Diensten des von uns beiden mehr oder minder glücklich, aber
beständig geliebten
Burgtheaters hinzubringen.
Sie wissen, daß die Wünsche und Hoffnungen zahlreicher Freunde, unter die ich mich
gerne zähle, auf jedem neuen Weg Ihnen folgen werden; und ich für meinen Teil bin
sicher, wo immer ich Ihnen amtlich und außeramtlich begegnen werde, den
liebenswürdigen, wahrhaften Menschen wiederzufinden, als der Sie sich im Laufe aller
dieser Jahre mir gegenüber immer erwiesen haben, innerhalb und außerhalb des
Theaters, aus dessen Chronik Ihr Name als eines in Stille und mit Ernst tätigen
Mitarbeiters dreier
Direktoren niemals wird schwinden können.
Ihr aufrichtig ergebener
Arthur Schnitzler.