Sympathiekundgebungen für Gorki, 1. 2. 1905

Sympathiekundgebungen für Gorki
Wien, 31. Januar. Der Oesterreichische Journalistenbund hielt gestern eine äußerst zahlreich besuchte Plenarversammlung ab, die sich mit der Verhaftung Gorkis befaßte. Der Präsident des Bundes, Chefredakteur Wilhelm Singer, eröffnete die Versammlung mit einer Ansprache, in der er sagte: »Nicht als ob wir uns an dieser Stelle in die russische Politik einmengen wollten. Unser Beginnen ist kein politischer Akt; es ist ein Akt der reinen Menschlichkeit, eine feierliche Bekundung menschlicher Solidarität, und dann gehört Gorki nicht Rußland allein. Gorki gehört der ganzen Welt.«
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Der Versammlung waren in überaus stattlicher Zahl Sympathiekundgebungen für Gorki zugekommen.
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Schriftsteller Dr. Artur Schnitzler telegraphiert:
»Ihrer Kundgebung für Maxim Gorki, die wohl nichts anderes sein kann als ein stürmischer Ruf nach seiner sofortigen Befreiung, stimme ich selbstverständlich aufs lebhafteste zu. Aber vergessen wir nicht, daß es noch Hunderte gibt, die, nicht große Dichter wie er, Helden sind gleich ihm, deren bedrohtes Leben für sie selbst, ihre Familie und die Menschheit von eben so hohem Werte sein mag, und wünschen wir, daß Gorki nicht als einziger den Kerker verläßt, sondern als Führer der Edlen, die ihrem von Zukunftsmöglichkeiten überquellenden Lande die Freiheit bringen wollen.
Artur Schnitzler.«