76 Helgo land, 3.8.1901.
Lieber Herr Schnitzler,
wo weilen Sie? Wollen Sie noch immer nicht versuchen,
wie das Nordmeer thut? Ich kann Ihnen nur sagen: wun-
derbarst! Hier ist gut segeln,baden,vegetieren - nur
nicht arbeiten! wenn Sie das Letztere wollen, z.B.
fürs Deutsche Theater ein Stück schreiben, dann frei-
lich bleiben Sie lieber wo Sie sind und schauen sie,
dass Sie es so bald wie trefflich fertig kriegen!
Der gute Georg hat mir so etwas von einem Stück für
uns erzählt, das Ihrer Feder entfliessen will: lassen
sie's ruhig fliessen; es soll sehr willkommen sein, auch
wenn Sie kein fescher Offizier mehr sind. Ich sehe
aufs Herz, nicht auf die Epauletten.
Dass wir in Wien so um einander gekommen sind, hat mir
sehr lei d gethan, um so mehr, als ich während sie bei
mir waren, den Schlaf des Gerechten schlief, den ich
aber - ich spreche ein grosses Wort aus - gern unter-
brochen hätte, um Sie zu sehen. Aber ich hoffe das
3.8.1901.
Versäumte nun recht bald nachzuholen; denn wenn ich
auch nicht anzunehmen stage, dass Sie, dem Rath des Ber-
liner Tageblatts folgend, zu uns in die Weltstadt zie-
hen werden, so habe ich doch ein Gefühl als müssten
Sie bald einmal in der schönen Ecke zwischen Continen-
tal- und Savoy-Hotel auftauchen!
Lassen Sie mich bald Gutes von sich hören!
Herzlich grüssend
O.B.
Lieber Herr Schnitzler,
wo weilen Sie? Wollen Sie noch immer nicht versuchen,
wie das Nordmeer thut? Ich kann Ihnen nur sagen: wun-
derbarst! Hier ist gut segeln,baden,vegetieren - nur
nicht arbeiten! wenn Sie das Letztere wollen, z.B.
fürs Deutsche Theater ein Stück schreiben, dann frei-
lich bleiben Sie lieber wo Sie sind und schauen sie,
dass Sie es so bald wie trefflich fertig kriegen!
Der gute Georg hat mir so etwas von einem Stück für
uns erzählt, das Ihrer Feder entfliessen will: lassen
sie's ruhig fliessen; es soll sehr willkommen sein, auch
wenn Sie kein fescher Offizier mehr sind. Ich sehe
aufs Herz, nicht auf die Epauletten.
Dass wir in Wien so um einander gekommen sind, hat mir
sehr lei d gethan, um so mehr, als ich während sie bei
mir waren, den Schlaf des Gerechten schlief, den ich
aber - ich spreche ein grosses Wort aus - gern unter-
brochen hätte, um Sie zu sehen. Aber ich hoffe das
3.8.1901.
Versäumte nun recht bald nachzuholen; denn wenn ich
auch nicht anzunehmen stage, dass Sie, dem Rath des Ber-
liner Tageblatts folgend, zu uns in die Weltstadt zie-
hen werden, so habe ich doch ein Gefühl als müssten
Sie bald einmal in der schönen Ecke zwischen Continen-
tal- und Savoy-Hotel auftauchen!
Lassen Sie mich bald Gutes von sich hören!
Herzlich grüssend
O.B.