B16: Brahm, Otto 1b Arthur Schnitzler an OB, Abschrift, Seite 144

Wiesenstein, Agnetendorf i.R.
21.6.1902.
Lieber Herr Schnitzler,
die Monna Vanna gedenke ich zu spielen; die Beatrice
wird davon nicht berührt; nur bitte ich Sie mir noch
etwas Zeit zur Lektüre zu lassen. Ich revidiere meinen
damaligen Eindruck sehr gern, möchte aber eine recht
freie Stimmung dafür haben und an der fehlt es mir
jetzt. Die Angelegenheit, wegen der V. nach Bpest kam,
benimmt mich mehr, als ich aussprechen kann). Das Schil-
lertheater - das hab ich glaub ich bei Liebelei auch
Ihnen gesagt, und mit Recht - läuft Ihnen ja nicht weg.
Doch wie sie wollen.
Hauptm. erwidert Ihren Gruss aufs Beste; und ich bit-
te Sie, dem Hugo meine herzlichen Grüsse auszurichten.
Hoffentlich hält die gute produktive Stimmung, in der
Sie mich verlassen haben, beim Radeln und Ortswechseln
weiter an! Seien Sie fleissig; mit dem Dreyer wird es
wohl vorerst nichts worden, und wir werden processiren
müssen. - Herzlichst Ihr
O.B.
1 „ „ —:
G. E. F.
„ „ — „
Karlsbad, Villa Charlotte.
13.7.1902.
Lieber Herr Schnitzler,
ich erhalte eben Ihren Brief vom 9., aus dem hervorzu-
gehen scheint, dass Sie mir nach meinem Schreiben aus
Agnetendorf, in welchem ich Sie um Geduld und Nachsicht
bat, noch einmal geschrieben und um Beschleunigung er-
sucht haben. Ist diese Annahme richtig, so erkläre ich
feierlich: ich habe nichts erhalten! Auf keinen Fall
aber sollten Sie annehmen, dass ich auf Ihre freundli-
che Absicht, uns Beatrice anzuvertrauen, durch be deu-
tungsvolles Schweigen antworten würde: oder seit wann
kennen Sie mich als einen solchen Flegel? Ein Kindes-
mörder bin ich, ja, das ist wohl wahr und ein „kranker
nervöser Mensch" (vgl. „Litteratur“), der um mildernde
Umstände bittet; aber doch kein Schlen - - Genug.-
Zur Sache!
Ich habe das Stück mit aufrichtigem Interesse wieder-
gelesen, manches, das mir früher als Schwäche erschien,