35
Trotzdem oder gerade deswegen. Du
bist nicht nur ihr Hausarzt, du bist auch ihr
Lieblingsneffe." Er lächelte, küsste den Sohn flüch¬
tig auf die Stirn und, immer zwei Stufen auf einmal
nehmend, jugendlich trotz seiner fünfundfüngig Jah-
re, eilte er die Treppe hinab.
Rudolf in seinem Zimmer, die Petroleum-
lampe auf dem Tisch, nahm die unterbrochene Lektüre
wieder auf, Unten im Hof hörte er den Wagen davon-
rollen, der den Medizinalrat zu seinen Kranken
führte oder wenigstens zu Leuten,die seines ärzt.
lichen und freundschaftlichen Rates, jedesfalls
aber seiner beruhigenden Gegenwart bedurften.
### Zu beruhigen,
seine Kunst, fast seinassenie und gerade der
Aengstlichkeit, ja Verzweiflung gegenüber wusste
er sein freundliches Wesen zur heitersten Laune,
seine Ueberredungsgabe zu einer wahren Meister-
schaft der Lüge, ja bis zum Glauben an die eigene
Wunderkraft zu steigern. Doch sah er sich in sei-
Trotzdem oder gerade deswegen. Du
bist nicht nur ihr Hausarzt, du bist auch ihr
Lieblingsneffe." Er lächelte, küsste den Sohn flüch¬
tig auf die Stirn und, immer zwei Stufen auf einmal
nehmend, jugendlich trotz seiner fünfundfüngig Jah-
re, eilte er die Treppe hinab.
Rudolf in seinem Zimmer, die Petroleum-
lampe auf dem Tisch, nahm die unterbrochene Lektüre
wieder auf, Unten im Hof hörte er den Wagen davon-
rollen, der den Medizinalrat zu seinen Kranken
führte oder wenigstens zu Leuten,die seines ärzt.
lichen und freundschaftlichen Rates, jedesfalls
aber seiner beruhigenden Gegenwart bedurften.
### Zu beruhigen,
seine Kunst, fast seinassenie und gerade der
Aengstlichkeit, ja Verzweiflung gegenüber wusste
er sein freundliches Wesen zur heitersten Laune,
seine Ueberredungsgabe zu einer wahren Meister-
schaft der Lüge, ja bis zum Glauben an die eigene
Wunderkraft zu steigern. Doch sah er sich in sei-