A85: Das Vermächtnis. Schauspiel in drei Akten, Seite 100

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Hugo. So geh!
Adolf. Zwanzig Schritte von hier hat er sie einlogirt.
Hugo, was glaubst Du — hat das je ein Vater für sein
Kind gethan?
Hugo. Ich danke Dir.
Adolf. Und wegen einer Laune, einer-Marotte
(Wendet sich zum Gehen.)
13. Auftritt.
Betty. Hugo. Arzt. Franziska. Adolf (im Weggehen begriffen)
Franziska. Du gehst wieder, Papa? Was macht er denn
Adolf. Mein Kind, es ist wegen einer Wärterin, welche,
wie Hugo behauptet..Adieu, adieu — (Zum Arzt.) Er
ja jetzt ganz frisch; er ist... nicht wahr, jede Gefahr ist
verschwunden?
Arzt. Wir wollen abwarten, Herr Professor.
Adolf (ab).
Hugo (zu Betty). Ich möchte so gern, daß Gustav
Betty. Er war heute Nachmittag da... er wollte
Dich abholen.
Arzt (zu Hugo hin). Fühlen Sie sich besser?
Hugo. Ja. Aber es ist nicht wie..
Franziska. Was denn?
Hugo. Meine liebe, liebe Franzi.
Arzt (sitzt neben ihm und fühlt den Puls)... Hrn... vorläufig
kann ich ja nichts weiter thun. Um den Hausarzt haben Sie
wohl schon geschickt?
Betty. Er ist ein Freund unseres Hauses und muß
jeden Augenblick kommen. (Das Stubenmädchen bringt zwei brennende
Kerzen herein, stellt sie auf den Schreibtisch.)
Arzt (hat sich mit Betty von dem Kranken entfernt). Ich hätte
ihn recht gerne gesprochen.
Betty. Ich bitte Sie, Herr Doctor, bleiben Sie bei
uns. Sie flößen mir so viel Vertrauen ein
Arzt. Sie sind sehr güig, gnädige Frau. Ich will in
einer Stunde
Betty (mit Bedauern). Oh!
Arzt. In einer halben Stunde werde ich wieder da
sein. Wie heißt Ihr Hausarzt?
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Betty. Doctor Ferdinand Schmidt.
Arzt (nickt). Ah, der gewesene Assistent von Nußbaum?
Betty. Ja.
Arzt. Bitte, erklären Sie ihm, daß ich durch einen
Zufall nahe bei der Unfallstätte war und daß Sie mich ge¬
beten haben, wiederzukommen.
Betty. Gewiß. Aber warum
Arzt. Man muß sehr vorsichtig sein, gnädige Frau,
besonders gegenüber Hausärzten. Ein anderer Arzt ist stets
der Einschleicher — oh, ich kenne das!
Betty. In diesem Falle können Sie ruhig sein. Nicht
wahr, es ist jetzt viel besser?
Arzt. Na... Der Puls
Betty. Schlecht?
Arzt. Wir wollen hoffen, daß die Bewußtlosigkeit nicht
wiederkehrt.
Betty. Ja, was kann man thun, damit
Arzt. Viel mehr, als bei ihm sein, können Sie eigentlich
Ihr Herr Gemahl holt eine Wärterin?
nicht.
Betty. Nein. — Er (auf Hugo deutend) will eine Freundin
er will seine Freundin sehen.
Arzt. Hm.
Betty. Es wird ihn erschüttern? Wir hätten nicht
nachgeben sollen?
Arzt. Es ist ganz gut. Erfüllen Sie ihm immerhin,
was er wünscht.
Betty (sieht ihn angstvoll an).
Arzt. Gnädige Frau, ich kann Ihnen nichts Bestimmtes
sagen. Entscheiden muß es sich bald. Ich komme wieder. (Ab.)
(Betty bleibt einige Minuten an der Thüre stehen, um ihre Erregung
zu bemeistern, dann wendet sie sich wieder Hugo zu, der unterdessen still
dagelegen, die Hand seiner Schwester in der seinen.)
(Stille.)
Hugo. Franzi!
Franziska. Nun?
Hugo. Ich hab' Angst, daß ich nicht mehr dabei bin
wenn
Franziska. Geh', Hugo
Hugo (zu Betty). Ich will es ihr sagen.
Betty (nickt).
As Manuscript gedruckt.