Freitag, 6. August 1886

6/8 ― R.

Freitag Vormittag ―

… Samstag Abend kam ich heraus. Sie, die eben bei den ihren stand, kam hoch errötend, herzlich mir entgegen. Mein Onkel kam am selben Abend. Abend spazierten wir auf der Veranda ― Ich sagte ihr, daß ich sie liebe ― was ihr allerdings nicht neu war. Sie sagte, daß sie nicht anders empfinde als ich ― Ich durfte sie nicht küssen.

Am Tag drauf war Frau D.’s Geburtstag. Es wurde im Clavierzimmer dinirt. Die Gesellschaft war K. und Frau, Onkel E., Herr Sch.Mizi E. und ich.― Später kam sie.― Es wurde geplaudert ― Nachher ging man spazieren. Sie fluchte geradezu auf einen Menschen, Dr. M., der sich immer neben uns hielt.― Dann trafen wir das „kleine Fräulein“. Die begleitete uns zwei bis zum Hof. Da stand plötzlich ihr Gatte.―

Am Abend ging ich mit D., die viel ahnt, Arm in Arm spazieren, mit der Absicht, den Mann irrezuführen. Es war recht heiter nur die Leute machten lange Gesichter. Ihr Mann ist wüthend. Sie hat von allen Leuten, die sie in M. gesprochen, erzählt; meines Namens that sie keine Erwähnung. Es gab eine große Scene, da der Mann auf irgend eine Weise erfuhr, daß ich mit ihr bei den Zigeunern gewesen. …„Ich kann den Menschen nicht sehen“ sagte er.― Er schrieb ihrem Vater; der kam heraus; es gab argen Skandal.―

Am Abend waren wir wieder im Clavierzimmer ― Dor., Mizi, ich. Später kamen Dr. M., Alfred.― Sie.― Mizi sang; sie sass daneben, ich hielt die Hand vor meinen Augen und sass ganz in der Nähe. Doch durch die geöffneten Finger blinzelnd sah ich ihre Augen fast unverweilt auf mir ruhen.― Dann setzte ich mich zum Clavier und spielte. Ich kam in Stimmung, und die Frauen waren recht zufrieden, d. h. sie [schienen] ganz entzückt ― Es kam eine merkwürdige Weihe in die ganze Scene ― Es war ein wundersamer Abend, und ich kam sehr gehoben auf mein Zimmer.

― Früh mußt ich nach Wien; Abend fuhr ich nach Baden. Da gab es bei A.s die ich Abend besuchte, ein Intermezzo. Gisela fragte mich, warum ich so kalt ihr gegenüber sei, und als wir dann spät in den dunkeln Alleen ihres Gartens umherspazierten, gab es heiße Küsse, und sie weinte ganz bitterlich ― Dann wurde bis 4 Uhr früh Poker gespielt ― bei G.s. Es war ganz heiter, nur hatte ich enormes Pech.

Am Abend drauf fuhr ich nach R., u. zw. mit D. Die erzählte mir von dem seither vorgefallenen. Als der Mann hörte, es seien Zimmer für mich bestellt, war er wüthend ― sprach von mir als einem Menschen, der den Weibern durch sein Spiel die Köpfe verdrehe (!) ― man solle mir abtelegraphiren. Sie ― trank hierauf ― ein Morphiumfläschchen aus. Ein herbeigerufener Arzt brachte sie außer Gefahr.― D. machte meine Sache zu ihrer eigenen. Er wurde kleiner, und als ich vorgestern Abend beim Souper sass, kam er ganz freundlich auf mich zu ―

Nun kam gestern ein herrlicher Tag. Früh sah ich sie schon, und wir plauderten. Nachm. trafen wir uns bei D. oben, und da blieben wir zwei Minuten allein. Sie gab mir ein Medaillon als Andenken. Dann wurde eine Promenade gegen H. zu gemacht ― D., M., sie und ich. Wir konnten ungestört sprechen ― und erinnern uns an M. ― sie wird mir schreiben ― Bei der Rückkehr ist auch R. P. und sein Vater da. Ich kam in üble Stimmung. Es gab dann ein Souper, bei dem ich nichts ass, aber viel trank, und bei dem ich mit D. auf du und du anstiess. (Heute ists damit wieder aus.) Bald kam sie ―

Nun fuhren wir alle mit Alfred, der abreiste, zur Bahn ― Sie, D., Mizi, Alfred, R., und ich.―

Auf dem Perron ging ich Arm in Arm mit ihr hin und her. Ich machte ihr glühende Liebesbetheuerungen ― Was war das heute für ein glücklicher Tag, Arthur, sagte sie. Ich fragte sie geradeaus wegen Rd. Nie, erwiderte sie.―

Ich weiss nur ― es war selig ― es verschwimmt mir heut alles in der Erinnerung. Dann fuhren wir zurück, sie neben mir ―

Auf dem Wege gen H. erzählte sie mir die Sache mit ihrem Mann; auch vom Morphium, das sie genommen. Als ich auf dem Bahnhof, wie wir die dunkle Bahnstrecke hinschritten, ihr sagte, ― o wenn wir nur so immer weitergehen könnten … ins dunkle hinein ― erwiderte sie. Oh Gott warum sprechen Sie mir von einem solchen Glück, das uns ja nie werden kann ― !

1886-08-06