box 20/4
14: Der Schleien derBeatrice
kann des großen Gefühls nicht entbehren. Stimmungen, ernstlich ein Renaissance=Drama zeigen will. Die Politik der wendig und darum nicht
Anatol=Stimmungen können nicht die Ursachen sein für Zeit nimmt einen breiten Ranm ein in dem Stücke. Die nur das Nothwendige wi
die furchtbaren Peripetien eines Trauerspiels. Stimmungen, bedeutenden Gestalten der Epoche tauchen auf. Kein Gerin¬
nicht immer, was
wie gesagt, sind keine Schicksale. Und Anatol, der
gerer als Cesare Borgia selbst zieht vor die Mauern von
Charaktere unklar und
paradoxe Anatol, ist unmöglich im Augenblick, wo er sich
Bologna, um den Herzog, einen Bentivovlio, aus derschließlich, daß das, wa
ernst nimmt und den Anspruch erhebt, für tragisch zu
Stadt zu verjagen. Es wird gemordet vor und hinter der
macht, eigentlich nur di
gelten. Da also Schnitzler's Tragödie nicht mit einem
Scene, Todesurtheile werden gefällt, Frauen werden ge¬
Personen ist.
starken Gesühl, sondern mit Stimmungen erfüllt ist, so is
peitscht, Augen werden ausgestochen, weil es eben die Sitten
Launisch vor Allem
es, als fehlte ihr die Seele; und da ihr die Seele fehlt,
der Zeit so mit sich brachten. Da der Dichter so viel histo¬
aus Bologna, Tochter des
bewegt sie auch nicht die Seelen der Zuschauer. Das
rische Prätentionen kundgibt, da er so beflissen ist, die Sitten
Dichter Filippo Loschi u
Glück und das Leid in diesem Drama gehen nicht zu
der Zeit zu schildern, erwartet man nun auch, daß er die
und will mit ihm entfliel
Herzen, weil sie nicht aus der Tiefe des Herzens kommen.
Gefühle der Zeit schildern, oder vielmehr, daß er Gefühle
wandlung von Eifersucht
Und alle die Stimmungen, die es schildert, so fein und
schildern wird, die zu seiner Zeitschilderung passen. Die
Eltern zurück und schen
reizend auch manchmal die Schilderung ist, vermögen
Renaissance erscheint bei Schnitzler als eine Epoche der! Vaters, Gehör, der sie all
nicht zu erwärmen und zu ergreifen, weil eben diese
entfesselten Leidenschaften: die Dolche fahren im Nu in die läßt Vittorino die Hochz
Stimmungen aus gar zu kleinen Gefühlen hervor¬
Herzen. So muß denn auch wol die Liebe unter Donner Beatrice will lieber dem
gegangen sind.
und Bliz sich entladen haben. Man erwartet ein Wüthen) vor dem Entscheidungskan
Dabei will „Der Schleier der Beatrice“ sogar eine
der Liebesleidenschaften. Und es gleiten nur dämmerige Nacht also, die viellei
Renaissance=Tragödie sein. Daß ein moderner Dichter die
Liebesstimmungen vorüber. Nein, wirklich, der Contrast ist
Stadt sein wird, das
echte Renaissance=Liebe schildert, wird Niemand bean¬
zu schroff zwischen der großen Zeit, die in dem Drama
Liebesgefährtin umfangen
spruchen. Sie ist seit vier= bis fünfhundert Jahren todt,
vorgestellt werden soll, und den kleinen Gefühlen, die in
Herzog
gefällt ihm
und ihr Geheimniß ruht im Grabe bei den Männeru und
ihm wirken — zwischen den grausigen Thaten und ihren
nun einmal nicht anders
Frauen, die sich damals geliebt haben. Allerdings erhält
winzigen Beweggründen. Und Anatol kann nicht als Re¬
fährt und sie nicht als Ge
man Kunde durch einige Bücher. In den „Gesprächen“
naissance=Mensch zu Cesare Borgia gesellt werden.
regelrechter Trauung im
des Aretin beispielsweise, die kürzlich in meisterhafter Ver¬
Stimmungen, wie gesagt, bilden die Motive der
Schloß geleitet. So wen
deutschung erschienen sind, hat auch die Liebe jenen ge¬
Handlungen in diesem Drama, Stimmungen, denen man
dreimal im Laufe eines
waltthätigen Zug, welcher der Zug der Zeit war. Aber,
es nicht anmerkt, daß sie durch ein starkes Gefühl ein= Abend noch nicht zu Ende
wie gesagt, historische Treue kann hier nicht verlangt
gegeben sind. Daß auch solche Stimmungen im Leben eine male zu wenden. Denn nach
werden, umsoweniger, als die Möglichkeit der Controle
Rolle spielen, ist zweifellos; und daß sie künstlerisch sich
dem Dichter zu flieben,
fehlt. „Monna Vanna“ nennt sich auch ein Renaissance¬
verwerthen lassen, hat Schnitzler eben in seinen Anatol¬
die Hand hat reichen woll
Drama, und es hat der Wirkung des Stückes nichts ge¬
Scenen gezeigt. Für diese zarten und anmuthigen Werke
des Herzogs geworden ist,
schadet, daß Maeterlinck von der Renaissance sich nur das
der Kleinkunst reichen sie aus. Im Drama, im ernsten
ihrem herzoglicher Gatten
Costüm ausgeliehen hat um moderne Menschen darein zu
Drama, sind sie nicht zu gebrauchen; und sie sind hier
heimlich das Schloß und
kleiden. Maeterlinck freilich schlägt nur hie und da ein
namentlich unmöglich als dramatische Motive. Es geht sicht, mit diesem zu sterben
Renaissance=Motiv an und läßt im Uebrigen die Hand¬
nicht an, im Drama Handlungen durch Stimmungen zu
dieser Absicht dadurch geh
lung seines Dramas sich abspielen, ohne sich viel um die
motiviren, die selbst nicht genügend motivirt sind. Und da
kenntniß kommt, Leben
historische Epoche zu kümmern. Der Zuschauer merkt bald,
die Hauptpersonen des „Schleier der Beatrice“ fast nie¬
sie wieder den Dichter ve
daß er lediglich eine Maskerade sieht, aber der Autor be¬
mals unter der Einwirkung eines starken Gefühles, sondern
zukehren.
müht sich nicht erst, zu widersprechen. Schnitzler hingegen
fast immer unter der Herrschaft solcher Stimmungen
Bei alledem ist Beatr
bringt immer wieder in Erinnerung, daß er wirklich uns handeln, so erscheint das, was sie thun, nicht immer noth= echt Schnitzlei'sche Mädchen
14: Der Schleien derBeatrice
kann des großen Gefühls nicht entbehren. Stimmungen, ernstlich ein Renaissance=Drama zeigen will. Die Politik der wendig und darum nicht
Anatol=Stimmungen können nicht die Ursachen sein für Zeit nimmt einen breiten Ranm ein in dem Stücke. Die nur das Nothwendige wi
die furchtbaren Peripetien eines Trauerspiels. Stimmungen, bedeutenden Gestalten der Epoche tauchen auf. Kein Gerin¬
nicht immer, was
wie gesagt, sind keine Schicksale. Und Anatol, der
gerer als Cesare Borgia selbst zieht vor die Mauern von
Charaktere unklar und
paradoxe Anatol, ist unmöglich im Augenblick, wo er sich
Bologna, um den Herzog, einen Bentivovlio, aus derschließlich, daß das, wa
ernst nimmt und den Anspruch erhebt, für tragisch zu
Stadt zu verjagen. Es wird gemordet vor und hinter der
macht, eigentlich nur di
gelten. Da also Schnitzler's Tragödie nicht mit einem
Scene, Todesurtheile werden gefällt, Frauen werden ge¬
Personen ist.
starken Gesühl, sondern mit Stimmungen erfüllt ist, so is
peitscht, Augen werden ausgestochen, weil es eben die Sitten
Launisch vor Allem
es, als fehlte ihr die Seele; und da ihr die Seele fehlt,
der Zeit so mit sich brachten. Da der Dichter so viel histo¬
aus Bologna, Tochter des
bewegt sie auch nicht die Seelen der Zuschauer. Das
rische Prätentionen kundgibt, da er so beflissen ist, die Sitten
Dichter Filippo Loschi u
Glück und das Leid in diesem Drama gehen nicht zu
der Zeit zu schildern, erwartet man nun auch, daß er die
und will mit ihm entfliel
Herzen, weil sie nicht aus der Tiefe des Herzens kommen.
Gefühle der Zeit schildern, oder vielmehr, daß er Gefühle
wandlung von Eifersucht
Und alle die Stimmungen, die es schildert, so fein und
schildern wird, die zu seiner Zeitschilderung passen. Die
Eltern zurück und schen
reizend auch manchmal die Schilderung ist, vermögen
Renaissance erscheint bei Schnitzler als eine Epoche der! Vaters, Gehör, der sie all
nicht zu erwärmen und zu ergreifen, weil eben diese
entfesselten Leidenschaften: die Dolche fahren im Nu in die läßt Vittorino die Hochz
Stimmungen aus gar zu kleinen Gefühlen hervor¬
Herzen. So muß denn auch wol die Liebe unter Donner Beatrice will lieber dem
gegangen sind.
und Bliz sich entladen haben. Man erwartet ein Wüthen) vor dem Entscheidungskan
Dabei will „Der Schleier der Beatrice“ sogar eine
der Liebesleidenschaften. Und es gleiten nur dämmerige Nacht also, die viellei
Renaissance=Tragödie sein. Daß ein moderner Dichter die
Liebesstimmungen vorüber. Nein, wirklich, der Contrast ist
Stadt sein wird, das
echte Renaissance=Liebe schildert, wird Niemand bean¬
zu schroff zwischen der großen Zeit, die in dem Drama
Liebesgefährtin umfangen
spruchen. Sie ist seit vier= bis fünfhundert Jahren todt,
vorgestellt werden soll, und den kleinen Gefühlen, die in
Herzog
gefällt ihm
und ihr Geheimniß ruht im Grabe bei den Männeru und
ihm wirken — zwischen den grausigen Thaten und ihren
nun einmal nicht anders
Frauen, die sich damals geliebt haben. Allerdings erhält
winzigen Beweggründen. Und Anatol kann nicht als Re¬
fährt und sie nicht als Ge
man Kunde durch einige Bücher. In den „Gesprächen“
naissance=Mensch zu Cesare Borgia gesellt werden.
regelrechter Trauung im
des Aretin beispielsweise, die kürzlich in meisterhafter Ver¬
Stimmungen, wie gesagt, bilden die Motive der
Schloß geleitet. So wen
deutschung erschienen sind, hat auch die Liebe jenen ge¬
Handlungen in diesem Drama, Stimmungen, denen man
dreimal im Laufe eines
waltthätigen Zug, welcher der Zug der Zeit war. Aber,
es nicht anmerkt, daß sie durch ein starkes Gefühl ein= Abend noch nicht zu Ende
wie gesagt, historische Treue kann hier nicht verlangt
gegeben sind. Daß auch solche Stimmungen im Leben eine male zu wenden. Denn nach
werden, umsoweniger, als die Möglichkeit der Controle
Rolle spielen, ist zweifellos; und daß sie künstlerisch sich
dem Dichter zu flieben,
fehlt. „Monna Vanna“ nennt sich auch ein Renaissance¬
verwerthen lassen, hat Schnitzler eben in seinen Anatol¬
die Hand hat reichen woll
Drama, und es hat der Wirkung des Stückes nichts ge¬
Scenen gezeigt. Für diese zarten und anmuthigen Werke
des Herzogs geworden ist,
schadet, daß Maeterlinck von der Renaissance sich nur das
der Kleinkunst reichen sie aus. Im Drama, im ernsten
ihrem herzoglicher Gatten
Costüm ausgeliehen hat um moderne Menschen darein zu
Drama, sind sie nicht zu gebrauchen; und sie sind hier
heimlich das Schloß und
kleiden. Maeterlinck freilich schlägt nur hie und da ein
namentlich unmöglich als dramatische Motive. Es geht sicht, mit diesem zu sterben
Renaissance=Motiv an und läßt im Uebrigen die Hand¬
nicht an, im Drama Handlungen durch Stimmungen zu
dieser Absicht dadurch geh
lung seines Dramas sich abspielen, ohne sich viel um die
motiviren, die selbst nicht genügend motivirt sind. Und da
kenntniß kommt, Leben
historische Epoche zu kümmern. Der Zuschauer merkt bald,
die Hauptpersonen des „Schleier der Beatrice“ fast nie¬
sie wieder den Dichter ve
daß er lediglich eine Maskerade sieht, aber der Autor be¬
mals unter der Einwirkung eines starken Gefühles, sondern
zukehren.
müht sich nicht erst, zu widersprechen. Schnitzler hingegen
fast immer unter der Herrschaft solcher Stimmungen
Bei alledem ist Beatr
bringt immer wieder in Erinnerung, daß er wirklich uns handeln, so erscheint das, was sie thun, nicht immer noth= echt Schnitzlei'sche Mädchen