II, Theaterstücke 4, (Anatol, 8), Anatol, Seite 652

4.9. Anatol - Zyklus
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, e per von
serem vielge= ziergänger Daniel Spitzer. Sie sind dahin
mals weichlich und verletzt doch nicht, ist graziös
en
ist die Ernüchterung, die Einen dort erwartet, wo
und andere Tüchtige sind verstummt oder alt ge= ohne Tändelei. Sogar etwas sehr Schwieriges ge¬ der rothe Abend am dämmerigen Abend steht
Erlag
dies worden. Die anspruchsvoller und ernster gewor= lingt ihm: sentimental zu sein, ohne süßlich oder
cher erwähn
Denn meistens war der Weg umsonst. Und wenn
dene Zeit verlangte gebieterisch eine Vertiefung des
langweilig zu werden. Allerdings, seine Traurig¬
man es wirklich erbeutet, das Staniol, dann sieht
österreichische Genres, wollte es aus dem Unterhaltenden in
keit läßt uns nicht weinen, sondern feuchtet nur ein
man ein, es war nicht der Mühe werth, darauf aus¬
end, daß die Künstlerische gerückt, heischte Gestalten. So ist die wenig die Augen. Sie gilt dem Leben, das die
zugehen.“ Diese bittere Erkenntniß bleibt auch
pe diejenigen „Jung=Wiener Geschichte" entstanden.
Jugend und Liebe langsam und schmerzlich ausein¬
überhaupt
dem kleinen Paul nicht erspart. Kaum hat er den
Man merkt ihre Abstammung im Guten wie im anderreißt, den lächerlichen Konventionen, die so
ersehnten Schatz, so genügt ihm das bloße An¬
nen gehören Schlimmen klebt viel Feuilletonistisches an ihr. Im viel frisches Glück zerstören, den echten und starken
schauen nicht mehr, er will einen Genuß von seinem
nbach, die Guten: sie ist meist anmuthig erzählt, allerlei
Gefühlen, die von der Zeit angefressen erden, bis
sene, und I
Staniol haben, und er findet keinen. Ach, es ist
leichte, ironische oder sentimentale Betrachtungen
sie unwahr und eine quälende Seelenlast werden.
zwecklos, wie so vieles Schöne ... Noch einmal
i, dessen Er= dominiren und werden in glänzende Worte umge¬
Am liebsten zeigt er uns das in heiteren Bildern,
ize sind; auch
flackert seine Liebe auf, da man es ihm als giftig
prägt. Im Schlimmen: die Erfindung ist flüchtig, macht uns nie lachen, oft lächeln über die kleinen
durch über
verbietet: „Also giftig war es auch! Glänzend und
fast leichtfertig, die Charakterisirung ist äußerlich
Heucheleien der Menschen. Besonders das Thema
theuer und giftig. Das sind die Dinge, denen man
t die Freude geht niemals tief und begnügt sich mit einigen Fi¬
der bitteren, letzten Enttäuschung variirt er gerne
Ernsten und
sein Leben opfert." Aber schließlich wird es ihm
guren, die bald so typisch geworden sind wie die
Da ist ein blasirter Mensch, angefüllt mit Bitterkei
langweilig und „nach ein paar Tagen hatte Pau
kunst trübt. Masken des italienischen Lustspiels. Am deut¬
und Ekel. Aber er hat ein unbeflecktes Heiligthum
seine große Liebe vergessen, die in Träumen ge¬
chen schwerlichsten sieht man den Uebergang vom Feuilleton zur in seiner Seele: ein altes Glück, eine reine Erinner
boren war, unter Sorgen und Thränen leuchten
de Blasirtheit Wiener Geschichte in Schnitzlers „Anatol“
ung. Und plötzlich muß er erfahren, daß auch sie
genschaften,
geblüht und im Kohlenkübel geendet hat.
Es sind drei Figuren, die wir kennen lernen: den eine Selbsttäuschung, Lüge ist. Vielleicht an
Man sieht, in den Stoffen, die dieses Buch be¬
riffe „Jungarn und nach neuen Sensationen lüsterner
rührendsten faßt Auernheimer die Poesie der Ent¬
mit Unrecht
handelt, liegt keine Jugendlichkeit; sie liegt nur in
Lebemann (bei den Jüngeren ist er meist noch Lebe¬
täuschung in eine kleine Skizze, die mir unter den
en viel tiefe¬
der gewinnenden Persönlichkeit des Verfassers, die
jüngling), das warmblütig hingebende, meist sen¬
übrigens fast durchaus gleichwerthigen Geschichten
lächtiger Ge¬
ein allen Jung=Wienern gemeinsamer Zug —
timentale süße Mädel und den Freund, der alle
doch die liebste ist; sie heißt „Staniol"; ihr Held ist
geprägt, ist
oft allzu stark hervortritt. Alle Erzählungen sind
Klugheiten zu sprechen hat, eine lebendige Aphoris
der sechsjährige Paul, der seine erste Liebe und mit
Schnitzler,
so seltsam müde, keine einzige Geschichte endet mit
mensammlung; er ist nichts als der wohlbekannt
ihr seine erste Enttäuschung erlebt. Man erschreck¬
Fehlt, obwohl
einer fröhlichen Auflehnung gegen das Leben, zeigt
„Raisonneur“ der französischen Komödie. Schnitz¬
nicht; Paul liebt — Staniol. Macht er es ander¬
sen gilt, den
den trotzigen Willen, sich das Glück zu erobern; die
ler hat später, als er ausgereift war, diese Figuren als die Großen? Sein Ideal ist glänzend und Menschen Auernheimers sprechen sehr feine und
ng=Wiener
zu Menschen umgewandelt — wir erkennen sie
werthlos. Und nun spielt sich mit glücklicher Sym¬
kluge Dinge und — kapituliren. Das ist schwächlich
z. B. dem wenn wir ganz genau hinsehen, noch im „Schleier
bolik diese ach! so gewöhnliche „Geschichte eine
berg
Der Leser wird sich freilich gerne mit der geschickten
der Beatrice". Aber wie sind sie da vertieft und wie
Liebe ab. Der Dichter sagt dem Kinde: „Wenn und anmuthigen Erzählungskunst, mit der vor¬
daß ihnen viele andere Menschen hat ihnen der Dichter späte
Du Staniol so gerne hat, kann man Dir ja ein paa-
nehmen Liebenswürdigkeit begnügen, die nur aus
dern auch die
noch zur Gesellschaft gegeben! Die anderen „Jung=Bogen kaufen." — „Kaufen?" Mit großen Kinder¬
gibt keinen
einer gesättigten, alten, künstlerischen Kultur zu
Wiener haben sich allzu häufig nur mit der Variir augen fragte er: „Kann man Staniol kaufen
erklären und daher einem Spreebarbaren ganz un¬
der Moderne ung dieser Gestalten begnügt...
Da erkennt der Dichter: „Ich hätte es nicht sagen
tändeln
erreichbar ist. Aber in dem einen Charakterisir¬
Der Beste unter ihnen ist Raoul Auern¬
sollen. Es that mir leid, so wie es heraus war, ungsworte „Liebenswürdig liegt nicht nur Lob,
Das weist heimer, den Münchnern aus der „Jugend“ und Kinder können nie spät genug erfahren, daß man
ist das ein
sondern auch Tadel. Es zeigt uns die Grenzen des
auch aus dem „Simplicissimus wohlbekannt. Staniol auch kaufen kann. Es nimmt ihnen der
Das war
jungen Dichters. Er hat keine Leidenschaft, denn
Nun ist die erste Sammlung seiner Geschichten er¬
Frieden und späterhin die Freude an ihrem Wunsch, er ist zu klug dazu: keine Begeisterung, denn er ist
rei, bei der
schienen, die nach einer — nicht der werthvollsten
Denn Staniol muß vom Himmel fallen, wie die zu spöttisch; keine Tiefe, denn er kommt nie ganz
Hundertsten
Novelle „Rosen, die wir nicht er¬
Sternschnuppen in den blauen Sommernächten
aus der Selbstbetrachtung heraus; keine Größe,
in's Tau=reichen" heißt. Man kann den Eindruck, den die
Es darf keinen Marktwerth haben
Staniol.
denn er glaubt an nichts. Er ist ein Spezialist für
che als zu
Skizzen auf den Leser machen, in ein Wort zu
Und nun ziehen sie aus, der Dichter und da¬
kleine Ernüchterungen ... Ob sich sein Beobacht¬
die scheinbar
sammenfassen: Liebenswürdig. Ja, es ist wohl
Kind, um das Staniol zu kaufen. „Wir schritten ungskreis erweitern, ob er von der bloßen Liebens¬
ein über
selten in der deutschen Sprache ein liebens¬
über das bleiche Gold der Abendsonne unseren
würdigkeit, die manchmal ein wenig altklug und
ten Meister
würdigeres Buch geschrieben worden. Man hör
leuchtenden Ziele entgegen. Und ich dachte daran, knabenhaft scheint, zur kräftigen Männlichkeit em¬
Ferdinand einen jungen Mann, der uns mit sanftem Lächeln wie oft ich selbst in ähnlichen Angelegenheiten durch
vorwachsen wird? Nicht nur für den Novellisten ist
Diener Spa¬ die petites ornautés de la vie zeigt. Er ist nie¬ abendliche Straßen gezogen bin. Und wie traurig, die Frage entscheidend, denn käme zu den glän¬