4.9. Anatol - Zyklus
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construm soge¬
haus
Die erste Sitzung, zu welcher das
en die meisten
überwiegt, werden die Kir¬
t, war vor leeren Bänken ab, so daß auch
gestern nach längerer Pause wieder zusam
Mandate erringen.
am Schlusse der Sitzung eingebra¬
Inden czechischen Bezirken Böhmens und Mährens vollständig von dem Interesse für die neue Wahl¬
anträge die Antragsteller selbst es für
reform erfüllt.
werden der Hauptmasse nach durch das allgemeine
die Debatte über dieselben auf die
Nachdem die Vorstellung der beiden neuen Ministe¬
Stimmrecht radikal-nationale Abgeordnete in da¬
vertagen.
Dr. Rittner und Ritter v. Guttenberg besorgt
Parlament kommen.
Hier der Bericht:
Präsident Freiherr v. Chlumec
Theorie zugesteht. Eine Schusterstochter erscheint einen
benen Abgeordneten Popper und K
gegen sie als ein Gewebe infamer Lügen sich erwiesen und
Fabrikanten nicht würdig genug, um sie als Angehörig
Der neugewählte Abgeordnete
daß der Angeklagte zu einer dreimonatlichen Arreststrafe
Erb leistet die Angelobung.
seiner Familie anzuerkennen. Einer Schusterstochter gegen
verurtheilt wurde. Die richterliche Begründung des Ur¬
über bricht der Klassenhochmuth hervor, der Kastengeist
theils bildete aber auch eine glänzende Ehrenrettung der
Die Rede des Minister
dem es eine Demüthigung dünkt, wenn ein Mitglied der
jungen Frau.
Ministerpräsident Graf Badeni
Kaste bei der Wahl seiner Lebensgefährtin einige sozial¬
Der Richter sprach nicht bloss als kühler Vertreter
Grund allerhöchster Ermächtigung
Stufen herabsteigt. Und weil dieser Sohn einem armen
Gesetzentwurf betreffend die Ab¬
des Gesetzes; aus dem Wortlaute seiner Begründung
Mädchen gegenüber als Mann von Ehre handelt, wird
Grundgesetzes über die
leuchtete zugleich sein warmes Mitgefühl mit dem Schick¬
tung, sowie einen Gesetzentwurf
ihm jede Gemeinschaft mit dem elterlichen Haus gekündigt,
sal der so schwer beleidigten Frau hervor. Es zeigte
wird er ins Leben hinausgestoßen, werden die verwerflich= anderung der Reichsrat
aber auch von dem psychologischen Feinblick des Richters,
sten Mittel in Bewegung gesetzt, um ein Bündniß, bei dem dem hohen Hause zur verfassungsmä
als er darauf hinwies, wie sehr man durch blindlings
sich zwei junge Herzen in treuer Liebe gefunden, er¬ überweisen.
Die Wichtigkeit des Gegenstand
zusammengeraffte Beschuldigungen das Glück der jungen
fertigen, daß ich mir heute schon erla
barmungslos zu zerreißen!
Eheleute getrübt, und daß in ihnen, da sie ja keine Ueber¬
der Vorlage mit einigen Worten zu
menschen seien, stets eine gewisse Bitterkeit zurückbleiben
Die echte Liebe, wenn sie der Genius der Gattung Allem es zu begründen, warum die
ledigung dieser Ange¬
müsse.
entfacht, schreitet freilich, wie der vorliegende Fall zeigt
eine dringende betracht
mit souveränem Gleichmuth über die Schranken der sozialen
Der Uebermensch im Nietzsche'schen Sinne steht be¬
Die politische Sign
kanntlich jenseits von Gut und Böse. Ein Uebermensch Konvenienz hinweg. Aber wie selten ist solch ein starkes
Als vor zweieinhalb Jahren die
Gefühl besonders in dem plutokratischen Theile der bürger¬
setzt sich über moralische Satzungen und moralische Vor¬
sich bestimmt gefunden hatte, die
lichen Gesellschaft! Die Statistik vermag nur die Zahl der
urtheile hinweg. Aber in dem Gemüth eines Alltags¬
Reform des geltenden Wahlrechtes zu
Ehen, die in bestimmten Zeitabschnitten abgeschlossen
die politische Situati¬
menschen, der in den alten Anschauungen lebt, bleiben
male eine ganz verände
Verdächtigungen wie jene, die gegen die junge Frau er- werden, festzustellen. Wie kläglich würde diese Statistik er¬
Es zeigte sich, daß es sich nich
scheinen, wenn sie auch die treibenden Motive der Ehe¬
hoben wurden, doch nicht ganz wirkungslos. Früher oder
schließungen in jenen Gesellschaftsschichten beleuchten übergebende Wirkung handle. Die F
später, wenn einmal die Gluth der ersten Liebe erloschen,
wurde zur politischen Signa
könnte, in denen das Geld ein dominirender Faktor ist
folgenden Zeit. Sie beherrschte vo
würden diese Verdächtigungen vielleicht in der Seele des
Hier gilt ja mit einer kleinen Variation Gretchens Sto߬
mentarische Lage, sie war bestimmen
Mannes rege werden, und so ist durch sie eine böse Saat
tische Aktion der Regierung und de
seufzer: „Am Golde hängt, nach Golde drängt doch Alles
ausgestreut worden, die einmal aufgehen und das
ach wir Reichen!" Ab und zu tritt ein Dramatiker auf, in= und außerhalb des Parlaments
Glück dieser Ehe vergiften könnte. Das deutete der
tische Tagesfrage.
der den kahlen Egoismus in derartigen, rein geschäfts¬
Es ist klar, daß in demselbe
Richter in der Schlußbemerkung seiner Urtheilsbegründung
mäßigen Ehen schildert. Dann sitzen sie im Parquet und in
anderen Angelegenheit
an und hob hiedurch umso nachdrücklicher das Verwerfliche
sicht auf ihre wirth
den Logen und klatschen Beifall. Sie sind zuweilen auch
jenes Kampfes hervor, den die Eltern gegen ihren Sohn
staatliche Bedeutung
geführt. Aber neben dem psychologischen Gehalt hat dieser moralisch entrüstet. Warum nicht? Es ist ja nur ein
Bühnenspiel Aber zuweilen rollt sich dieses Spiel im grund gedrängt wurde.
Die Ursachen dieser Sachlage
Fall auch eine soziale Seite, die Beachtung verdient. Wir
Gerichtssaal ab. Dann gewinnt es einen ganz anderen
untersuchen, ob nicht eine ruhige
machen uns über die sozialen Vorurtheile des Adels lustig
Charakter. Dann tritt das ungeschminkte Leben vor uns darf, minder nervöse
Wir lachen darüber. Sie erscheinen uns völlig unzeit¬
und offenbart in einem charakteristischen Einzelfall die Wahlvorlage möglich gewesen w.
gar keinem praktischen W
gemäß. Ehrliche Arbeit adelt — das ist so ein Grundsat
ganze Rücksichtslosigkeit jener satten Moral, die in der
vor uns eine Thatsache, mit
unserer demokratischen Gesellschaft. Aber schauen wir uns
finden müssen, die Thatsache
einmal in der Wirklichkeit um. Da finden wir, daß die Ehe ein Geschäft erblickt und die ihre Achtung und sozial¬
Werthschätzung eines Menschen nach seiner Zahlungs¬ politisches Leben durch eine un
ehrliche Arbeit, wenn sie ihren Mann kümmerlich nährt,
in eminenter Weise beeinflußt w
Marco Brociner.
keineswegs jener Achtung begegnet, die man ihr in der fähigkeit bemißt.
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haus
Die erste Sitzung, zu welcher das
en die meisten
überwiegt, werden die Kir¬
t, war vor leeren Bänken ab, so daß auch
gestern nach längerer Pause wieder zusam
Mandate erringen.
am Schlusse der Sitzung eingebra¬
Inden czechischen Bezirken Böhmens und Mährens vollständig von dem Interesse für die neue Wahl¬
anträge die Antragsteller selbst es für
reform erfüllt.
werden der Hauptmasse nach durch das allgemeine
die Debatte über dieselben auf die
Nachdem die Vorstellung der beiden neuen Ministe¬
Stimmrecht radikal-nationale Abgeordnete in da¬
vertagen.
Dr. Rittner und Ritter v. Guttenberg besorgt
Parlament kommen.
Hier der Bericht:
Präsident Freiherr v. Chlumec
Theorie zugesteht. Eine Schusterstochter erscheint einen
benen Abgeordneten Popper und K
gegen sie als ein Gewebe infamer Lügen sich erwiesen und
Fabrikanten nicht würdig genug, um sie als Angehörig
Der neugewählte Abgeordnete
daß der Angeklagte zu einer dreimonatlichen Arreststrafe
Erb leistet die Angelobung.
seiner Familie anzuerkennen. Einer Schusterstochter gegen
verurtheilt wurde. Die richterliche Begründung des Ur¬
über bricht der Klassenhochmuth hervor, der Kastengeist
theils bildete aber auch eine glänzende Ehrenrettung der
Die Rede des Minister
dem es eine Demüthigung dünkt, wenn ein Mitglied der
jungen Frau.
Ministerpräsident Graf Badeni
Kaste bei der Wahl seiner Lebensgefährtin einige sozial¬
Der Richter sprach nicht bloss als kühler Vertreter
Grund allerhöchster Ermächtigung
Stufen herabsteigt. Und weil dieser Sohn einem armen
Gesetzentwurf betreffend die Ab¬
des Gesetzes; aus dem Wortlaute seiner Begründung
Mädchen gegenüber als Mann von Ehre handelt, wird
Grundgesetzes über die
leuchtete zugleich sein warmes Mitgefühl mit dem Schick¬
tung, sowie einen Gesetzentwurf
ihm jede Gemeinschaft mit dem elterlichen Haus gekündigt,
sal der so schwer beleidigten Frau hervor. Es zeigte
wird er ins Leben hinausgestoßen, werden die verwerflich= anderung der Reichsrat
aber auch von dem psychologischen Feinblick des Richters,
sten Mittel in Bewegung gesetzt, um ein Bündniß, bei dem dem hohen Hause zur verfassungsmä
als er darauf hinwies, wie sehr man durch blindlings
sich zwei junge Herzen in treuer Liebe gefunden, er¬ überweisen.
Die Wichtigkeit des Gegenstand
zusammengeraffte Beschuldigungen das Glück der jungen
fertigen, daß ich mir heute schon erla
barmungslos zu zerreißen!
Eheleute getrübt, und daß in ihnen, da sie ja keine Ueber¬
der Vorlage mit einigen Worten zu
menschen seien, stets eine gewisse Bitterkeit zurückbleiben
Die echte Liebe, wenn sie der Genius der Gattung Allem es zu begründen, warum die
ledigung dieser Ange¬
müsse.
entfacht, schreitet freilich, wie der vorliegende Fall zeigt
eine dringende betracht
mit souveränem Gleichmuth über die Schranken der sozialen
Der Uebermensch im Nietzsche'schen Sinne steht be¬
Die politische Sign
kanntlich jenseits von Gut und Böse. Ein Uebermensch Konvenienz hinweg. Aber wie selten ist solch ein starkes
Als vor zweieinhalb Jahren die
Gefühl besonders in dem plutokratischen Theile der bürger¬
setzt sich über moralische Satzungen und moralische Vor¬
sich bestimmt gefunden hatte, die
lichen Gesellschaft! Die Statistik vermag nur die Zahl der
urtheile hinweg. Aber in dem Gemüth eines Alltags¬
Reform des geltenden Wahlrechtes zu
Ehen, die in bestimmten Zeitabschnitten abgeschlossen
die politische Situati¬
menschen, der in den alten Anschauungen lebt, bleiben
male eine ganz verände
Verdächtigungen wie jene, die gegen die junge Frau er- werden, festzustellen. Wie kläglich würde diese Statistik er¬
Es zeigte sich, daß es sich nich
scheinen, wenn sie auch die treibenden Motive der Ehe¬
hoben wurden, doch nicht ganz wirkungslos. Früher oder
schließungen in jenen Gesellschaftsschichten beleuchten übergebende Wirkung handle. Die F
später, wenn einmal die Gluth der ersten Liebe erloschen,
wurde zur politischen Signa
könnte, in denen das Geld ein dominirender Faktor ist
folgenden Zeit. Sie beherrschte vo
würden diese Verdächtigungen vielleicht in der Seele des
Hier gilt ja mit einer kleinen Variation Gretchens Sto߬
mentarische Lage, sie war bestimmen
Mannes rege werden, und so ist durch sie eine böse Saat
tische Aktion der Regierung und de
seufzer: „Am Golde hängt, nach Golde drängt doch Alles
ausgestreut worden, die einmal aufgehen und das
ach wir Reichen!" Ab und zu tritt ein Dramatiker auf, in= und außerhalb des Parlaments
Glück dieser Ehe vergiften könnte. Das deutete der
tische Tagesfrage.
der den kahlen Egoismus in derartigen, rein geschäfts¬
Es ist klar, daß in demselbe
Richter in der Schlußbemerkung seiner Urtheilsbegründung
mäßigen Ehen schildert. Dann sitzen sie im Parquet und in
anderen Angelegenheit
an und hob hiedurch umso nachdrücklicher das Verwerfliche
sicht auf ihre wirth
den Logen und klatschen Beifall. Sie sind zuweilen auch
jenes Kampfes hervor, den die Eltern gegen ihren Sohn
staatliche Bedeutung
geführt. Aber neben dem psychologischen Gehalt hat dieser moralisch entrüstet. Warum nicht? Es ist ja nur ein
Bühnenspiel Aber zuweilen rollt sich dieses Spiel im grund gedrängt wurde.
Die Ursachen dieser Sachlage
Fall auch eine soziale Seite, die Beachtung verdient. Wir
Gerichtssaal ab. Dann gewinnt es einen ganz anderen
untersuchen, ob nicht eine ruhige
machen uns über die sozialen Vorurtheile des Adels lustig
Charakter. Dann tritt das ungeschminkte Leben vor uns darf, minder nervöse
Wir lachen darüber. Sie erscheinen uns völlig unzeit¬
und offenbart in einem charakteristischen Einzelfall die Wahlvorlage möglich gewesen w.
gar keinem praktischen W
gemäß. Ehrliche Arbeit adelt — das ist so ein Grundsat
ganze Rücksichtslosigkeit jener satten Moral, die in der
vor uns eine Thatsache, mit
unserer demokratischen Gesellschaft. Aber schauen wir uns
finden müssen, die Thatsache
einmal in der Wirklichkeit um. Da finden wir, daß die Ehe ein Geschäft erblickt und die ihre Achtung und sozial¬
Werthschätzung eines Menschen nach seiner Zahlungs¬ politisches Leben durch eine un
ehrliche Arbeit, wenn sie ihren Mann kümmerlich nährt,
in eminenter Weise beeinflußt w
Marco Brociner.
keineswegs jener Achtung begegnet, die man ihr in der fähigkeit bemißt.