liebe, ich habe bei
Meindl u
Weißhappel alles was du mir angegeben, in ziemlichen Mengen gekauft; es wird freilich ein paar
Wochen dauern, bis die Sachen ankommen; und hoffentlich nichts verloren gehn. (Übrigens
ist alles versichert.) –
Über das häusliche vor allem: es geht in bester Ordnung, obwohl
Wucki noch keineswegs ganz wohl ist und eine neuerliche Untersuchung (bei 1–2 tägigem Spitalsaufenthalt),
auch nach
Julius Ansicht, sehr angezeigt sein wird. Irgendwas gefährliches ist es allem Anschein
nicht. Von den
Kindern hörst du ja direct – wegen
Lilis Theaterbesuchen mach dir keine Sorgen; – es klingt nach mehr als es ist, weil sie
naturgemäß vom Theater mehr schreibt als von der Schule. Sie geht natürlich
nie allein in die Stadt, auch aus der Schule laß ich Nachmittag (Turnstunde) abholen.
– In die Tanzstunde fuhr sie 1 od 2 mal mit
Janow. im Auto hin u zurück. – Jetzt eben ist sie beim Zahnarzt mit
Wucki; –
Heini spielt heut eine neue kleine Rolle in »
Heimgefunden«, – hat nur ganz im Anfang zu thun, wir treffen uns dann im »
blauen Vogel« der heute sein ständiges Theater (im
Pan) eröffnet. –
Einige nicht uninteressante Leute hab ich in der letzten Zeit kennen gelernt; einen
Holländer
Charles v Irsel, von baskischer Abstammung (es gibt einen ganzen Landstrich in
Holland, der von diesen Leuten bewohnt ist; – ich lernte in
Leiden solch eine Baskin kennen, die aussah wie eine Provinz
carmen und das daemonische Element in der kleinen Universitätstadt zu repraesentiren schien.)
– ferner
Louis Untermeyer (mit
Frau) aus
New York; – Übersetzer von
Heine und Lyriker eigener Factur, besonders klug u sympathisch (sind für den Winter in
Wien). Von
Pierre Loving hab ich dir schon erzählt? –
–
Rodolfo Ergas (wie er sich nun nennt) war vorgestern bei mir, – scheint sich nun als internationaler
Bilderhändler ganz wohl zu behagen. Für übermorgen hat sich ein andrer
Rodolfo, Lothar angesagt. –
Auernheimer hat mir neulich ein Versstück – einen
Casanova gebracht, in Mscrpt, den er mir widmen will. –
Sonntag war ich bei
Zsolnai’s; – ein sehr prächtiges aber zugleich höchst wohnliches Haus, mit vielen schönen Bildern
u Gegenständen, unter denen mir eine Sammlung von
altgriechischem u
aegypt. Schmuck am interessantesten war. Der eine
Sohn, mit verlegerischen Absichten uneigennütziger Natur, kommt dieser Tage zu mir; in
einem Gespräch, das ich mit ihm u
Werfel hatte, machte er mir einen klugen u ehrlichen Eindruck. Bei
Zsolnais waren außerdem
Alma,
Werfel,
Salten’s;
Coudenhove und die
Roland. Sie noch lauter; und geschmackloser gekleidet als früher; er männlicher geworden,
und in der Conversation von wohltuender Klarheit u Bestimmtheit. Einer, dem das Berühmtwerden
ganz gut anschlägt. – Für Freitag bin ich zum
Neuen Freien Benedikt zu Tisch geladen, – (die Weihnachtsnummer rückt heran). – Mit dem neuen Verleger
Pisko (
Herzverlag) u dessen Lector Dr.
Politzer hatt ich ein sehr »vorläufiges« aber ganz anregendes Gespräch. – Soeben wurde ich
von der »
Bukum« zu einem Vortrag in
Budapest aufgefordert; – aber eh die erwachenden
Ungarn nicht wieder eingeschlafen sind, will ich mit ihnen nichts zu thun haben. – Auch
die
Tschechoslowakei hab ich abgelehnt. – Heute war ich bei der
Hofrätin; ich habe einen Antrag von »
Stock« wegen dreier Bände meiner Werke; – sehr praecis und vertrauenerweckend; darüber
berieth ich mit der
Hofrätin, die auch mich um einige Ratschläge in Verlagsangelegenheiten zu ersuchen hatte.
– Mit meinem
Advokaten hatt ich einige Conferenzen; – hauptsächlich handelt es sich um die Filmangelegenheit; ich nenne den Namen der
Firma hier nicht, citire nur die Worte des Dr.
Hofmann der Informationen eingeholt hatte, – und das was an mir versucht wird, – (mit Recht)
als »haarsträubend« bezeichnet. Es wird genauso kommen wie ich erwartet. Hingegen
(oder deswegen) erhielt ich von der
Firma eine Pracht Leder Mappe mit Seidenfutter und verehrungsvoller Inschrift sowie meisterhaften
Med.-Photographien. – Mr.
Seltzer hat mir etwa ein Drittel seiner Schuld gezahlt und will unentwegt meine »sämmtlichen
Werke« über die ich jetzt mit
Knopf u
Heinemann (
Amerika u
England) correspondire. –
S. F. ist obstinat, zahlt lächerliche Summen, von den fremden Valuten noch keine Spur.
Von
Jacob hör ich nichts seit 10–12 Tagen; du weißt daß er nach
Wien übersiedeln will (Ebenso
Heinrich Manns, auch
Bahr – doch kriegen sie alle keine Wohnung). – Die
Burgtheater Verhältnisse ganz unklar – man spricht sehr ernstlich von einer Fusion
Burg- u
Volkstheater; – aber – unter
Beer! – –
Herterich »plant« den
einsamen Weg mit
Aslan, für den dieser zu fett ist und wovon ich es nicht werden dürfte. – Von der
Beatr. ist (Gott sei Dank) keine Rede. –
Lucy hat mir einen schönen Brief geschrieben, für den ich ihr vorläufig nur durch dich
und mit sehr herzlichen Grüßen danke. Sie wird sich bei dir hoffentlich gut erholen,
–
amerikanische Pläne hat sie wohl nicht mehr? – Der Überfall auf dein
Mädchen war jedenfalls nur eine Episode – dergleichen kommt jetzt natürlich überall vor,
– und es scheint ja auch, daß du weiter nicht ängstlich bist und auch keinen Grund
hast, es in Euerm immer noch stillen
Baden Baden zu sein u zu werden. Über Euer geselliges u Musik-Leben schreib mir doch einmal mehr.
– Vor wenigen Tagen hab ich die
Ama besucht, die ich besser fand, als ich nach dem was ich vorher gehört, befürchtet
hatte; im Lauf der nächsten Zeit fährt sie nach
Meran. (Weißt du daß der eine junge
Wengler vor einigen Monaten an den Folgen jenes Luftsturzes im Krieg gestorben ist?) –
Hier steht ein Metallindustrie-Strike in Aussicht, den man für sehr bedenklich hält,
weil die Möglichkeit eines Generalstrikes nicht auszuschließen ist . . Bei aller »Sanirung« – man thäte Unrecht, sich in
Oesterreich schon völlig außer Gefahr zu glauben. Aber im ganzen ist die Stimmung gegenüber dem
vorigen Jahr doch sehr gefestigt. –
Mit der Arbeit geht es – langsam – weiter. Aber wie das ist: einen Schlußpunkt setzen,
das kann ich mir überhaupt nicht mehr vorstellen. – Mit dem »Herausgeben« will ich
umsoweniger etwas überstürzen, als es zu schwer ist, unter den zahlreichen Möglichkeiten
in diesem Augenblick die richtige zu wählen. Mein Befinden ist gut, – vom Ohr und
einem ewigen leichten Kopfdruck abgesehn, den ich auf die Heizsaison zurück führe.
Ich glaube wir leiden zu dieser Zeit alle an einer chronischen Kohlenoxydvergiftung.
Das Wetter ist braun, grau, quatschig. Überhaupt kann ich mir vieles schöner denken.
leb wohl und sei herzlich gegrüßt
A.