[Ludwig Basch]: Ein Besuch bei Artur Schnitzler, 4. 12. 1908

Wiener Theatergeschichten
XIV.
Ein Besuch bei Artur Schnitzler
Gute Botschaft! Artur Schnitzler ist wieder an der Arbeit, um der deutschen Bühne eine Dichtung zu schenken. Nach einem Ausfluge in das Land des Romans ist er wieder zu seiner Liebe, zum Theater zurückgekehrt. Woher er den Stoff zu seinem neuen Schauspiele holte, darf ich ebenso wenig enthüllen, wie das Problem, das Schnitzler zu gestalten unternommen hat. Auch der Titel bleibt vorläufig Geheimnis. Da saß ich kürzlich mit dem Dichter in einem lauschigen Raume seiner Wohnung. Die Rede kam u. A. auf »Liebelei«, die man zu Anfang des nächsten Jahres im Deutschen Volkstheater spielen wird. Mit Käthe Hannemann als Christel. Schnitzler hat eine sehr gute Meinung von dieser Künstlerin; obwohl sie aus dem Reiche stammt, glaubt er doch, sie werde die Figur der Wienerin lebenswahr verkörpern. »Denn« – also spricht der Dichter – »bei einer Schauspielerin entscheidet nicht die Aussprache, sondern das Talent.« Agnes Sorma, die in Berlin die Rolle der Christine kreirte, war ebenfalls keine Wienerin und wie echt, wie vollsaftig war sie als »süßes Mädel«. Ebenso Adele Sandrock, die erste Darstellerin der Christine. – Von Mitterwurzer, der in »Liebelei« eine Episode in den Vordergrund der Handlung schob, weiß Schnitzler eine bisher unbekannte Geschichte zu erzählen. Mitterwurzer drängte Schnitzler, er möge »Anatols Tod« schreiben, »weil ein solcher Kerl doch sterben muß«. Und Mitterwurzer schwebte vor, daß Anatol, wie Don Juan endigen müsse, bei einem Gastmahle, aus den Armen berückender Weiber müßte ihn der Teufel holen . . .