Lieber Herr Doctor! Julius Bauer und meine Wenigkeit haben diese Zeilen
zusammengebraut und glauben, hoffen, dass sie Ihre
Zustimmung finden werden. Event. schreiben Sie etwas dazu. Um postwendende Retournirung wird ersucht. Wir haben grossartige Beiträge. Sie kommen in die beste Gesellschaft.
Ihr
Basch
Dr. Arthur Schnitzler
Mein erster Durchfall? Reden wir nicht darüber. Und doch liegt ein gewisser Reiz
darin, den Vorhang zu heben von der Vergangenheit. Meine ersten Theaterschuhe habe
ich in der Theaterschule von
Leo Friedrich
zerrissen. Dort wurde das erste
Anatol-Stück
aufgeführt. »
Abenteuer seines Lebens« war es
betitelt.
Leo Friedrich eilte sich mit der Aufführung, denn er war der Meinung, mein
Vater, der Professor
Schnitzler, sei der Autor
des Einacters. Er traf auch gewisse Vorbereitungen für die Première und schien sehr
überrascht, als am Abend der Erstaufführung statt des Professors ein kleiner,
unscheinbarer, unbekannter Doctor aufmarschirte und sich als Verfasser vorstellte.
Der Abend ging vorüber. Tags darauf erschienen die Kritiken. Und siehe da, auch mehrere von den gestrengen Richtern mochten
der Meinung sein, daß mein
Vater einen Spaziergang auf den Parnaß unternommen habe. So erkläre ich mir
die guten Kritiken. Nie mehr in meinem Leben habe ich derartige uneingeschränkt
lobende Referate zu Gesicht bekommen. Oder sollen die aufmunternden Worte nur dem
Dilettanten gegolten haben? Geht es nur den Dilettanten gut? Und wird man erst vom
S
×××××××××××××××××××× wenn man die Ambition hat
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nd auch den Ehrgeiz in sich verspürt, ernst
ge
nommen zu werden? Dann wird Honigseim manchmal in gährend
Drachengift verwandelt.
Durchfälle sollen einen Bühnenschriftsteller nicht alteriren. Und ich muß gestehen,
auch mein inneres Verhalten zu meinen jeweiligen Werken hat niemals eine Veränderung
erfahren durch die äußeren Vorgänge des Theaters.
Wenn ich ein Stück schreibe, dann sehe ich es früher vor mir. Vor meinem geistigen
Auge steigen alle Vorgänge und alle Personen auf, ich erlebe das Stück, bevor ich
es
niederschreibe. Wobei ich nicht leugnen will, daß bei der Conception der Rollen mir
hie und da einzelne glänzende Schauspieler vorschweben. Und wenn ich im
Niederschreiben begriffen bin, dann habe ich manchmal die Empfindung, als würde ich
die Stimmen einzelner Künstler hören, von denen ich wünsche, daß sie meine
Eingebungen verkörpern können. Kommt es dann zu den Proben, dann verrichten die
Künstler mit dem Autor nachschaffende Arbeit. Und ist einmal der Abend der Première
da, dann überkommt Einen manchmal das Gefühl, daß man es nicht anders hätte machen
können. Der eiserne Vorhang fällt nieder und er durchschneidet häufig alle
Hoffnungen. Der Abend ist aus, ein Stück Lebensarbeit mit ihm.