(Burgtheater.) Als dritte
Antrittsrolle hat
Adele Sandrock die »
Feodora« in dem bekannten
Sardou’schen Criminal-Nihilisten- Kunststück
gespielt. Sie hat als
Maria Stuart bewiesen, daß
sie auch am
Burgtheater sich als Tragödin behaupten
wird. Sie hat uns als
Rita die
ganze bebende Sensitivität einer modernen Darstellerin offenbart. Als
Feodora war sie mehr als Tragödin und moderne Schauspielerin,
indem sie weniger sein mußte: Sie hat eine Sensationsrolle als echte Künstlerin
gespielt. So durfte man das Traurige im Stück für tragisch nehmen. Es kam Leben in
die kunstvoll construirte Marionette. Es ist ja auch der
Wolter, der
Duse, der
Sarah Bernhardt gelungen, in der
Feodora eine Seele zu entdecken. Man konnte im Voraus wissen,
daß es auch der
Sandrock nicht mißglücken werde.
Sie war stets Meisterin, wo es galt, Athem des Lebens in Schatten zu hauchen. Ihrer
Feodora konnte man die Liebe, den Zorn, die
Raserei, die Rache glauben. Die Leistung der
Sandrock stand beträchtlich, allzu beträchtlich über der Darstellung der
anderen Mitwirkenden. Nur Frau
Mitterwurzer behauptete sich mit ihrer dankbaren Rolle in der Nähe der
Sandrock. Herrn
Hartmann hätte man die Rolle des
Ivanoff nicht geben
sollen. War’s Weinen, als er sein Gesicht hinter Taschentüchern verbarg? War’s Wuth,
als er
Feodora erdrosseln wollte? Nichts war
glaubhaft. Herr
Robert, welcher für den erkrankten
Devrient den
Sirié spielte, hat die Leichtigkeit und
Liebenswürdigkeit nicht, welche diese Rolle verlangt. Wie er im ersten Acte als Zeuge
aufzutreten hatte, machte er sich bei dem Theile des Publikums, welcher das Stück
etwa nicht kannte, sehr verdächtig. Diesem Zeugen stand ein Mord auf der Stirn
geschrieben.