Die Erklärung des Verfassers, 16. 9. 1900

Die Erklärung des Verfassers.
Herr Arthur Schnitzler ersucht uns um Aufnahme folgender Erwiderung auf die Erklärung des Herrn Dr. Schlenther:

 

Ich war genöthigt, den Herrn Direktor vor ein kategorisches Ja oder Nein zu stellen, um Klarheit über das Schicksal eines Stückes zu erhalten, an dessen Aufführung ich nach dem Brief vom 17. Juni mit ebenso viel Recht zu zweifeln begann, als ich dessen Annahme, nach dem Brief vom 13. Februar, bis 17. Juni für vollkommen gesichert halten mußte. Denn erst am 17. Juni gab mir Herr Direktor Schlenther das Erstaufführungsrecht meines Stückes, das ich am 14. Februar ertheilt, mit folgenden Worten zurück: »Jedenfalls muß ich bei dem vorläufigen Resultat stehen bleiben, daß ich mich zu einem bestimmten Termin der Aufführung nicht verpflichten kann und daher lieber auf das Recht der ersten Vorführung verzichte. . . « Und ferner: »Natürlich könnte ich dann meinen Anspruch auf die allererste Aufführung nicht mehr aufrechterhalten. Ich müßte es mir selbstverständlich gefallen lassen, daß eventuell Berlin oder München vorangehen.« Um am 17. Juni ein Erstaufführungsrecht zurückzugeben, mußte der Herr Direktor Schlenther logischerweise selbst vier Monate lang der Ansicht gewesen sein, dieses Recht zu besitzen. Denn es ist vollkommen unerfindlich, wie man die Ansprüche auf das Erstaufführungsrecht eines Stückes aufgeben kann, das man überhaupt niemals angenommen haben will.
Arthur Schnitzler.

 

Wenn wir recht verstehen, hat der Direktor das Stück sozusagen prinzipiell angenommen, ohne sich aber zu einem bestimmten Termin der Aufführung verpflichten zu wollen. Maßgebend ist da der Brief vom 13. Februar; aber dieser ist doch nicht ganz so, daß der Verfasser die Annahme des Stückes »für vollkommen gesichert halten konnte«. Aber darauf kommt es auch nicht an. Nicht ob es sehr wahrscheinlich war oder weniger, daß das Stück angenommen werden wird, das heißt daß sich der Direktor zu einem bestimmten Termin verpflichten werde, sondern das ist die Frage: ob die Annahme des Stückes vollzogen war. Das war sie aber nicht, und Herr Schnitzler ist mehr in seinen Erwartungen getäuscht, als in seinem – juristischen – Rechte gekränkt worden. Da aber der Direktor seine Bedenken mit sachlichen Gründen belegte, so erscheint der Weg, den Herr Schnitzler gewählt hat, um seine Sache vor die Oeffentlichkeit zu bringen – in Form eines Protestes von nur einseitig informirten und zum Theile auch ziemlich inkompetenten Leuten –, weder als nothwendig noch als angemessen. Es ist so, als ob man künstlich eine »Affaire« schaffen hätte wollen; für Leute, die nichts zu thun haben, scheint es auch eine geworden zu sein. Herr Schnitzler hat es durch sein Vorgehen richtig dahin gebracht, als Schützling einer Clique zu erscheinen, und gerade er hat solches vielleicht gar nicht nöthig.