Eine Morgenstunde bei
Arthur Schnitzler.
Kein Interview
Sylvestermorgen, 10° unter Null, strahlende Sonne und blauer Himmel über
Wien. Von
Hietzing
schweift der Blick über hügelige Landschaft, man könnte wähnen, in den
Harz versetzt zu sein. Die Luft ist klar, wie in
den Bergen. Von der wunderschönen Villa des Dichters im
Währinger Cottage, mitten im Park, aus, sieht das unbewehrte Auge bis zum
Semmering.
In diesen Zeitläuften hat
Arthur Schnitzler Sinn
und Bild des Dichters zu wahren gewußt, wie kaum ein anderer. Der herrliche Kopf,
aus
dem im Gespräch ein blaues
Augenpaar das Gegenüber durchleuchtet, wie die Sonnenstrahlen in
zwei Fjorden wiederstrahlen, erschiene verehrungswürdig, selbst wenn man nichts
wüßte, wer
Arthur Schnitzler ist.
Ob man von der
oberschlesischen
Heimat erzählt oder der Dichter sich im Anschluß an die Lektüre der
Tagebücher Theodor Herzl’s erinnert, Persönliches mitteilt
und wie stets bedeutsam urteilt, ob er die Bewunderung für sein neuestes Werk, das
man vor wenigen Tagen dankbar empfing, das weise »
Buch der Sprüche und Bedenken« wahrhaft rührend bescheiden, wie es nur das Genie sein kann, fast schüchtern
abwehrt, wie er sprühend und in jugendlichem Feuer über
James Joyce, die Dinge des Theaters handelt und auf Bitten von eigenen
Plänen berichtet, wie er teil hat an allem, was uns bewegt, das ist menschlich so
groß und erschütternd, daß es mir als inferior erschiene, ein Interview daraus zu
schleimen.
O, daß doch jedes Jahr so harmonisch schlösse, wie das Gespräch mit dem Dichter am
letzten Dezembertage 1927.