Hugo von Hofmannsthal an Arthur Schnitzler, 15. 7. 1900

|Bad Fusch 15ten

mein guter lieber Arthur

wie die Dinge einmal eigensinnig und unbegreiflich sind, finde ich hier, in vollkommener Ruhe, bei unverstörten äußern Umständen seit 14 Tagen nicht nur nicht die leiseste Möglichkeit des Arbeitens, sondern ich versinke auch in eine solche Verdrossenheit, solche Gelähmtheit aller inneren Sinne, |dass ich ein Buch nach dem andern aus der Hand lege und weder am Morgen noch am Abend die geringste Freude habe. Nun ist mir vor 2 Stunden eingefallen, es mit einem Ausflug zu versuchen. Wie schön, wenn man in solchen Momenten nicht so weit auseinander wäre! Auch mein Rad ist in der |Brühl, ich will nicht abwarten, bis es herkäme, sondern fahre gleich nach Saalfelden, von dort mit der Post an den Hintersee, wo es sehr schön sein soll und von da entweder über Salzburg oder Golling oder sonst zurück. Ich sehne mich unendlich nach Dörfern, die ich noch nicht gesehen habe, nach kleinen Häusern am |Waldrand, Mühlen in einem tiefen Grund, Brücken, Alleen und andern solchen Dingen. Von Richard bin ich ohne irgend eine Nachricht seit Wien.
Papa ist gottlob wohl, meine Eltern grüßen Sie vielmals; bitte schreiben Sie mir bald, in 3 Tagen bin ich wieder hier.
Von Herzen Ihr
 Hugo.
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