Herrn Dr. Arthur Schnitzler
Sehr geehrter Herr,
Am
24. Dezember dieses Jahres begeht unser Verleger, Herr
Fischer, seinen 50. Geburtstag. Es wird zu
diesem Tage eine Adresse an ihn geplant, die zu unterzeichnen wir auch Sie, geehrter
Herr, bitten. Den Wortlaut der Adresse überreichen wir hiermit; desgleichen in
hergerichtetem Couvert das Kärtchen, auf das der Name zu schreiben ist und das der
Adresse beigefügt werden soll. Die Adresse wird von Herrn
E. R. Weiss entworfen und unter seiner Leitung ausgeführt
werden; die Kosten sollen von den Unterzeichner der Adresse aufgebracht werden und
werden nur wenige Mark für jeden Unterzeichner betragen.
Ihr fünfzigster Geburtstag scheint uns mehr als ein bloßes privates Fest zu bedeuten;
und Sie selbst werden beim Rückblick auf Ihr Leben Ihre öffentliche Tätigkeit mit
besonderer Ergriffenheit betrachten. Sie haben in einer Zeit, wo man in
Deutschland von mitlebender Literatur wenig wissen
wollte, vielem Neuen, Interessanten und Bedeutenden, das jetzt gefestigt und bewährt
ist, anfänglich aber noch in der Gärung lag und zum Streit herausforderte, mutig und
zuversichtlich, als gerechter Mittler, die Öffentlichkeit erschlossen. Charakter und
Organisation, nicht der Zufall, haben eine Gemeinde von Gleichstrebenden um Sie
gebildet. Wir kennen die Schwierigkeiten Ihrer Aufgabe. Denn Ihre Schöpfung, die
einen ganzen Komplex von Tätigen der verschiedensten Kategorien vereinigt, ist auf
dem schwierigen Grenzgebiet aufgeführt, wo die Künste und Wissenschaften mit den
ökonomischen Mächten zusammenstoßen. Sie haben erfahren, daß das Geistige keine
isolierte Macht ist, kein Schrankenloses und Unbedingtes, sondern daß es auf allen
Seiten von den wirtschaftlichen Gewalten bedroht, gehemmt und gebunden wird. Es war
Ihre Aufgabe, Ihre Natur, Ihr Wille,
|diese Gebundenheit in einer edlen Weise wieder zu lösen. In einem so vielfältigen
Getriebe, in so verantwortungsreichen Beziehungen abhängig von der Mode, von der
Gunst des Publikums, in der Enge des Wettkampfs, mitemporgehoben von der Energie
eines allgemeinen nationalen Aufschwungs, der die sittlichen Kräfte nicht selten zu
lähmen drohte, haben Sie Ihre Sache, welche die Sache der Besten war und ist, auf
ein
nicht mehr unbestrittenes Postament und Ihren Namen in die Reihe der geehrten Namen
gestellt. Sie sind, in unbefangener Menschlichkeit, immer mehr an Ihrem Werke
gewachsen; Sie repräsentieren es; wir begrüßen dieses Beispiel der begeistert
besonnen Hingabe, der Sachlichkeit und des wahrhaften Ernstes und fühlen uns herzlich
verpflichtet, Ihnen Dank zu sagen und für den weiteren Weg Glück und Vollbringung
zu
wünschen.