Wenn Du Ende April nach
Berlin
geh
st, könnte
st Du da nicht auf der Hin- oder Rückrei
se über
Frankfurt kommen? Der Umweg i
st freilich groß; aber im Frühling
i
st
Frankfurt u. das
Rheinland gar
schön. Von der Freude, die Du mir machen
würde
st, rede ich er
st gar nicht.
Von den Kritiken über Deine
Stücke hat mir
die von Hirschfeld am
Be
sten gefallen. Auch
scheint
sie mir die richtig
ste zu
sein. Er prägt ein
treffliches Wort »
Anatolismus« und
sagt mit Recht, für Dich
sei es wichtig, aus die
sem
|herauszukommen. Ich
sehe, daß Du große An
strengungen
in die
ser Richtung mach
st, und ich bin
sicher, daß es Dir gelingen wird. Darum halte
ich den »
Kakadu« für ein
so wichtiges
Entwickelungs-Stadium; aber immerhin
steht er noch, wie mir dünkt, mit einem Fuße im
Anatolismus. Daß es Dir auf Anderes dabei
angekommen, als auf eine Liebesge
schichte mit einem Theatermädel, i
st klar. Aber das
Andere i
st, meinem Gefühl nach, nicht
stark genug herausgekommen. Dies der Eindruck,
den ich beim Le
sen gehabt habe. Der Eindruck i
st vielleicht fal
sch, und namentlich
auf der Bühne ge
staltet
sich die ganze Wirkung vielleicht ganz anders. Da ich aber
die
sen Eindruck beim Le
sen gehabt, war ich verpflichtet, ihn
× Dir mitzutheilen. »Er
schöpfend
|characteri
siren«, wie Du mein
st, habe ich Dein
Werk damit nicht gewollt; und es er
staunt mich, daß ich Dich
er
st noch be
sonders darauf hinwei
sen muß, eine in einem Briefwech
sel zwi
schen zwei
Freunden flüchtig hingeworfene Bemerkung könne doch unmöglich die Prätention haben,
ein Werk »er
schöpfend zu characteri
siren«.
Daß ich Dir solange nicht schrieb, hatte seinen Grund in der Angewißheit der ganzen
Situation. Du kannst Dich gewiß nur schwer in die Qualen einer solchen Wartezeit
hineindenken. Heut will ich schreiben; aber nein, ich warte doch lieber bis auf
morgen, weil morgen doch endlich die entscheidende Antwort kommen wird. Und das geht so, einen Monat lang und darüber! Ich habe Dir
nicht geschrieben, weil ich |thatsächlich von Tag zu
Tage gezerrt wurde, und schließlich so muthlos wurde, so dégouté de tout, daß ich mich selbst zu einem Briefe an Dich nicht mehr
aufzuraffen vermochte.
Die
N. Fr. Pr. i
st übrigens beleidigt und
entrü
stet und
sucht die Sachlage jetzt
so zu drehen, als
sei
ich kontraktbrüchig geworden.
Ich lebe
seit Wochen im
Hotel, in einer geradezu verzweifelten Unordnung. So gerieth auch das
Manu
skript des »
Kakadu« an einen Platz, wo es
mir aus den Augen ent
schwand; und als ich es
↓zu spät↓
wiederfand, hatte ich nicht mehr die Energie, Dir meine Schlamperei einzuge
stehen und
Dich um Ent
schuldigung zu bitten. Ich habe meine Nachlä
ssigkeit
seitdem oft bereut,
und die Art, wie Du
sie in Deinem Briefe erwähn
st, i
st die gerechte Strafe dafür, die
ich nur als verdient hinnehmen kann.
Viele treue Grüße! Dein
Paul Goldmann
|Ich danke den Deinen, namentlich
Deiner Frau
Mutter, für
alle ihre liebenswürdigen Intentionen. Auch mir thut es unendlich leid, daß die
Wiener Projekte
sich nicht reali
sirt haben.
Meine ge
sammte Familie grüßt Dich herzlich
st.