Gerade in die
sen Tagen werde ich herumgehetzt, wie ein Hund. Mi
ssionen nach
Mainz,
Karlsruhe,
Darmstadt, – hier berichten,
dort berichten. Ich habe keinen Augenblick freie Zeit und habe den heutigen Feiertag abwarten mü
ssen, um Dir endlich einmal auch ein Wort zu
schreiben, nachdem
ich
××× alle die
se Tage
××× bekümmert Deiner gedacht.
Dein Brief, in dem Du das Fürchterliche schilderst, hat mich tief ergriffen. Es ist
ein wahres Raffinement von
Qual gewesen. Das Herz preßt sich zusammen, wenn man das liest. Und nun gar das
miterleben! Du
Ärmster, was mußt Du gelitten haben! Ich will auch gar nicht versuchen, Dir Trost zu spenden. Es gibt da da nichts zu trösten. Und außer der Zeit kann nichts und Niemand helfen. Auf
die Zeit rechne ich allerdings. Auch das wird sich schließlich mildern. Das, In dem, was Du über |Dein Alter schreibst,
hast Du Unrecht. Gerade in Deinem Alter kann man selbst eine solche Schickung noch
tragen, – später nicht mehr. Du bist noch jung, und in Deinem Leben ist noch Kraft
genug, um selbst diese schreckliche Leere, die sich auf einmal aufgethan hat, wieder
auszufüllen und zu× langssam ↓zu↓ verdecken. Das ist × in diesem Unglück meine einzige, aber auch meine feste und sichere Hoffnung,
Du mußt freilich selbst etwas dazuthun und mußt Dich gewaltsam herausreißen. Du mußt
Dich zu der Erkenntniß durchringen, daß in der Beziehung zu einer Frau, und sei es
die beste und liebste, das Leben sich nicht erschöpft. Glaube mir, das ist die
Wahrheit. Es gibt Anderes, viel Anderes noch. Es gibt auch wieder einmal neues Glück!
Nur leben bleiben – leben und warten!
Ich empfinde es bitter und
schmerzlich, daß ich nicht bei Dir
sein kann. Mir kommt es
vor, als ließe ich Dich im Stich, wenn ich hier fern von Dir bin und Dich allein weiß
mit Deinem Kummer. Eines wäre
dri
dringend nöthig, und ich komme immer wieder darauf zurück:
|Du müßte
st fort aus
Wien,
so ra
sch als möglich, – ein paar Wochen rei
sen. Komm’ auf einige Tage
nach
Frankfurt! Wenn nicht,
so
gehe anderswohin, – irgendwohin, wo Du Ge
sell
schaft ha
st. Allein rei
sen dürfte
st Du
auch nicht.
Bitte, lieber Freund, schreib’ mir bald einmal, wenigstens eine Zeile, da damit ich weiß, wie es Dir geht. Es braucht nicht viel zu sein, – nur ein
Lebenszeichen.
Mit meinem
Schwager habe ich
über einiges Medizini
sche ge
sprochen. Er meint, ob es denn nicht möglich gewe
sen
wäre, noch eine Operation zu ver
suchen? Dein Ohrenleiden aber kann er
sich ab
solut nicht ent
schließen
ern
stzunehmen. Er hat
sich viel mit die
sen Dingen be
schäftigt und vermag in allen
Symptomen, die ich ihm
schildere, nichts Bedenkliches zu entdecken. Er, meine
Schwester und mein
Onkel, denen ich von dem
Schlage, der Dich betroffen, Mittheilung gemacht habe, nehmen warmen Antheil an
Deinen Schmerzen,
|haben aber nicht gewagt, Dir
selb
st zu
schreiben. Meine
Mutter i
st gegenwärtig in
Wiesbaden.
Daß Dir der
Bauernfeld-Preis zu Theil geworden, hat uns Alle hier
sehr gefreut. Das i
st
schön
und ehrenvoll. . . . .
Lieb
ster Freund, Du mußt
stark
sein und mußt Dich in das Unabänderliche fügen! Es i
st
viel verloren,
und doch ist nichts zu Ende! Und dann
ha
st Du vier Jahre
glücklich
sein dürfen, wie Wenige. Ich ver
sichere Dich: wenn das Schick
sal mir vier
Jahre
solchen Glückes geben wollte, um den Preis, daß ich dann einen Schmerz
durchmachen müßte, wie Du ihn jetzt erleb
st, – ich würde ohneweiters zu
stimmen. Die
se
arme
Frau i
st dahingegangen,
nachdem
sie Dir das Be
ste gegeben hatte, was
sie geben konnte. Sie hat ihr volles Maß
ausge
schüttet. Dann i
st
sie für immer ge
schieden, auch darin vielleicht
selb
stlos und
××× rührend, wie
sie
stets war. . . . .
Ich grüße Dich von Herzen und in Treue
Dein
Paul Goldmann.