Du ha
st Recht gehabt: ich bin von die
ser
Frau mit einer
Empfindung warmer und aufrichtiger Sympathie weggegangen. Viele Fehler wohl,
aber die typischen Fehler der
schönen Frau:
eitel,
poseure, coquett; aber wenn man
auf den Grund kommt, findet man einen Schatz von Ehrlichkeit und Natürlichkeit.
Ich bin der
Frau mit
allen möglichen Vorurtheilen
|entgegengekommen;
aber als wir am letzten Tag allein im Walde
saßen und die gewi
ssen tieferen
Sachen be
spr
achen, da kam ein
so heißer Glückshunger, ein
so
rechtes Streben nach dem Be
sseren zutage, daß ich dabei etwas empfand, das ich
nicht anders, als Rührung nennen kann
. Ich bin der Frau
Olga ein wahrer Freund geworden; und in dieser Eigenschaft muß ich Dir Eines
sagen: Du darf
st die
se
Frau unter keinen Um
ständen betrügen. Sie i
st auf Alles vorbereitet: daß das Liebesglück, das
sie
sucht, kurz dauern, daß es mit Qualen verbunden sein und mit Enttäu
schungen
enden kann. Aber in einer Beziehung glaubt
sie an Dich – meine Vermuthung;
|Confidencen hat’s nicht gegeben – daß Du
sie
nur dann zur Deinigen machen wir
st, wenn du
sie lieb
st. Ich habe mit Er
staunen
ge
sehn, daß die
se
Frau
wirklich und ehrlich kämpft und daß es
ihr↓sie↓ einen großen Entschluß ko
stet, über
so und
soviel Pflichten hinweg
dahin zu gehen, wo
sie ihr Glück vermuthet. Aber eben darum hat
sie doppelt das
Recht, nicht getäu
scht zu werden. Wenn
sie wieder zu Dir kommt – und
sie wird
wieder kommen, ich glaube das i
st das Facit un
serer Ge
spräche, ich habe mich
bemüht ihr Muth zum Glück zu machen –
so
sage ihr, wie es mit Dir
steht. Will
sie dann immer noch,
so brauch
st Du keine Scrupeln
|mehr zu haben. Aber die
se
Frau aus bloßer Sinnenlu
st zu
genießen, mit einer Lüge auf der Zunge, wäre ein Verrath an Allem, was gut und
edel i
st auf der Welt. . . .
Dies,
ut animam meam salvarem. Im Übrigen haben wir, wie ge
sagt, viel von Dir ge
sprochen,
direct und indirect, und ich habe es als meine Aufgabe betrachtet, die
Frau in der Liebe zu Dir
zu bestärken, um
so mehr, als ich diese Liebe auch – trotz Allem und Allen – als
ein großes Glück für Dich erkannt habe. Ich habe natürlich die größte Vor
sicht
angewendet, und ich glaube nicht, daß Frau
Olga eine Ahnung hat, daß ich Mit
|wi
sser bin.
In die
sem Punkte kann
st Du al
so vollauf beruhigt
sein. Im Übrigen hat
sie mir
außerordentlich viel auch von den
Pick’s erzählt, offenbar, damit ich es
wiedererzähle, was ich auch hiermit thue. Ich
selb
st bin größtentheils von einer
neuen mentalen Blödheit gewe
sen. Und ich werde
sie stark enttäu
scht haben. Wenn Du
mir einen großen Freundesdien
st thun will
st – ich bitte Dich recht
sehr darum –
so
schreib’
|mir, was
sie Dir über mich ge
schrieben hat. Verliebt habe
ich mich
nicht;
sinnlich läßt mich die
Frau kalt.
That
sächliches von meinem Aufenthalte i
st, daß ich bei meiner Ankunft ein Zimmer
re
servirt fand (das vom vorigem Jahr); daß
er um mich herum gegangen
hat i
st, als wollte
er mich fre
ssen,
zuletzt aber recht zuthunlich und ge
sprächig geworden; daß ich
Herzl und
Frau dort
ge
sprochen und meine Antipathie gegen
Beide recht grämlich ver
stärkt habe; daß ich
bei meiner Abrei
se, als ich die Zimmerrechnung verlangte, den Be
scheid erhielt:
der gnädigen
Frau war es
ein Vergnügen
, – was mir unendlich peinlich war;
daß
sie mir, in Gegenwart von
|Fremden beim
Abschied
sagte: »Wenn Sie nach
Wien Briefe
senden,
so
sagen Sie viele Grüße von mir«; daß
Rettinger im Herb
st nach
Wien kommt.
Alle Details mündlich.
Bitte,
schreib’ mir genau, wie es Dir geht! Adre
sse:
Pörtschach, Poste restante.