Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 19. 12. [1901]

|Dessauerstrasse 19
Berlin, 19. Dezember.

Mein lieber Freund,

Ich werde meine Reise verschieben und Dich Montag erwarten. Brahm ist blödsinnig. Du darfst die »Frau mit dem Dolch« unter keinen Umständen zurückziehen. Ich war bereits über die Wiener Freunde erbittert, die mit kaum glaublicher Urtheilslosigkeit Bedenken gegen diesen besten unter den vier Einaktern geäußert haben.
Viele treue Grüße!
Dein
 P. G.
    Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar

    Montag] Er rechnete mit Schnitzlers Ankunft am Montag, dem 23. 12. [1901]. Schnitzler kam erst am 28. 12. 1901 in Berlin an.

    Brahm] Otto Brahm hatte am 17. 12. 1901 von den Proben geschrieben, dass Die Frau mit dem Dolche auf der Bühne nicht funktioniere und er stattdessen den Einakter Der grüne Kakadu geben wolle. Schnitzler hatte den Brief am Folgetag, dem 18. 12. 1901, erhalten und sofort ein verloren gegangenes »energisches« Schreiben – vermutlich ein Telegramm – an Brahm geschickt. Offenbar hatte er zudem ein weiteres Telegramm an Goldmann. Vgl. Der Briefwechsel Arthur Schnitzler – Otto Brahm. Vollständige Ausgabe. Herausgegeben, eingeleitet und erläutert von Oskar Seidlin. Tübingen: Niemeyer 1975, S. 103–105.

    Freunde] Da »bereits« einen zeitlichen Abstand impliziert, nahm Goldmann höchstwahrscheinlich auf die private Vorlesung der Lebendigen Stunden vor Felix Salten und Gustav Schwarzkopf am 4. 9. 1901 Bezug. Vgl. Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 16. 9. [1901]. Am 14. 12. 1901 hatte Schnitzler die Einakter Hugo von Hofmannsthal und Richard Beer-Hofmann vorgelesen, dabei fielen gleichfalls die Schwierigkeiten von Die Frau mit dem Dolche auf.