Felix Salten an Arthur Schnitzler, 29. 1. 1906

|Herrn Dr Arthur Schnitzler
Wien XVIII
Spöttelgasse 7

|Berlin, 29. I. 06
Lieber, wir sind also vorigen Dienstag hier angekommen, und schon am Donnerstag habe ich die Geschäfte übernommen. Da bin ich denn gleich so tief in Arbeit gerathen, dass ich weiter nichts von Berlin bemerke. Wir wohnen im »Saxonia«, nahe am Potsdamer Platz, schöne Zimmer aber elende Bedienung. Heute haben wir eine Wohnung gemiethet: Charlottenburg, Kantstraße 34, dieselbe Straße, in der das Theater d. Westens ist. Morgen sind wir schon drin. Die Freiwohnung, die mir angeboten war, wollte ich nicht beziehen, weil mir vor dem zweimaligen Übersiedeln graut. Otti u. den Kindern geht es gut. Wann kommen Sie? Wir freuen uns schon darauf! Wissen Sie, dass Brahm am 5. Feber 50 J. alt wird?
Viele herzlichste Grüße von uns an Sie Drei
Ihr  S.
    Bildrechte © University Library, Cambridge

    vorigen Dienstag] Salten dürfte sich auf den dem letzten Dienstag vorangehenden Dienstag, den 16. 1. 1906 beziehen. Für Samstag, den 14. 1. 1906 hatte Schnitzler den Abschied in Wien festgehalten. Die Formulierung ist jedoch soweit offen, dass er auch nach dem Abschied noch eine Woche in Wien geblieben sein könnte und hier also vom 23. 1. 1906 die Rede ist.

    Geschäfte übernommen] Salten übernahm die Chefredaktion der B. Z. am Mittag und der Berliner Morgenpost, die beide zum Ullstein-Konzern gehörten. Das Engagement dauerte nur ein halbes Jahr. Im September 1906 kehrte er mit seiner Familie nach Wien zurück.

    Wann kommen Sie] Schnitzler hielt sich die nächsten Male zwischen 4. 2. 1906 und 7. 2. 1906 sowie zwischen 18. 2. 1906 und 27. 2. 1906 in Berlin auf.

    Brahm … alt] Schnitzler war von Brahm persönlich informiert (siehe Otto Brahm an Arthur Schnitzler, 27. 1. 1906. In: Der Briefwechsel Arthur Schnitzler – Otto Brahm. Vollständige Ausgabe. Herausgegeben, eingeleitet und erläutert von Oskar Seidlin. Tübingen: Niemeyer 1975, S. 218) und nahm an der Geburtstagsfeier teil, vgl. A. S.: Tagebuch, 5. 2. 1906 und Arthur Schnitzler an Richard Beer-Hofmann, 30. 1. 1906.