Paul Goldmann an Arthur Schnitzler, 18. 11. [1904]

|Dessauerstrasse 19
Berlin, ↓1↓8. November.

Mein lieber Freund,

Ich danke Dir für Deinen Brief und werde mich sehr freuen, Dich bald zu sehen. Samstag zwischen 6 und 7 bitte ich Dich nicht zu kommen. Ich muß Abends ins Theater (Dreyer) und muß gerade in dieser Stunde meine Telegramme rasch fertigstellen. |Sonntag bin ich leider auch nicht frei, – wohl aber Montag Abend. Ich habe heut mit Richard telephonisch ein Beisammensein für Montag Abend verabredet, und es wäre sehr schön, wenn Du auch dabei sein könntest. Geht das nicht, so triffst Du mich jedenfalls Montag zwischen 6 u. 7 Uhr zu Hause. Oder, wenn Du mir sagen kannst, wo ich Dich um 5 Uhr treffen kann, komme ich auch zu Dir.
Herzlichst
Dein
 Paul Goldmann.
    Bildrechte © Deutsches Literaturarchiv, Marbach am Neckar

    bald zu sehen] Schnitzler war seit 13. 11. 1904 in Berlin. Am Kleinen Theater stand die Uraufführung von Der tapfere Cassian und Das Haus Delorme bevor, dazu sollte Der grüne Kakadu neu gegeben werden. Kurzfristig wurde Das Haus Delorme noch vom Programm genommen, die beiden anderen Stücke wurden erstmals am 22. 11. 1904 aufgeführt. Zu einem Treffen Schnitzlers und Goldmanns kam es am Montag, dem 21. 11. 1904, doch – anders als hier Goldmann vorgeschlagen – vermutlich ohne den ebenfalls in Berlin weilenden Richard Beer-Hofmann. Am 23. 11. 1904, dem Tag nach der Aufführung, sahen sich die beiden erneut. An diesem Tag dürften sie gemeinsam eine Reaktion auf eine Meldung über die Absetzung von Das Haus Delorme verfasst haben, vgl. [O. V.]: Schnitzlers »Haus Delorme«. In: Berliner Tageblatt und -Handelszeitung, Jg. 33, Nr. 595, 22. 11. 1904, Abend-Ausgabe, S. 2. Im Tagebuch erwähnte Schnitzler die Meldung als »infame Notiz« (22. 11. 1904). Der mit Bleistift abgefasste Text ist aus der Perspektive Schnitzlers verfasst, wurde aber von Goldmanns Hand niedergeschrieben. Zumindest eine Korrektur (»die Meldung von Seiten der Censur«) wurde von Schnitzler vorgenommen, auch die letzten drei Worte stammen von ihm. Das Blatt mit dem Text findet sich heute gemeinsam mit dem vorliegenden Brief im Nachlass Schnitzlers: »|Sehr geehrte Redaktion, Gestatten Sie mir, zur Richtigstellung der Meldungen, die Sie gestern bezüglich meines noch unveröffentlichten Einakters ›Das Haus Delorme‹ publizirt haben, Ihnen Folgendes mitzutheilen: Es entspricht nicht den Thatsachen, daß die Schauspieler sich geweigert haben, das Stück zu spielen. Freitag war noch Probe. Am Freitag Abend, vor der auf Sonnabend angesetzten Generalprobe, erfolgte ↓die Meldung von Seiten der Censur↓. Nur aus diesem Grunde wurde das Stück abgesetzt. Der Inhalt des Stückes ist in Ihrem Berichte unrichtig wiedergegeben. / Mit vorzgl Hoch« Abgeschickt wurde dieses Protestschreiben aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Am 24. 11. 1904 war Schnitzler wieder in Wien und gab zwei Interviews zur Causa ([Ludwig Klinenberger]: Arthur Schnitzlers »Haus Delorme«, 25. 11. 1904 und [Marco Brociner]: Haus Delorme. (Eine Richtigstellung von Arthur Schnitzler), 25. 11. 1904). Schnitzlers hier getätigten Aussagen wurden am 26. 11. 1904 im Berliner Tageblatt aufgegriffen, zugleich wurde auf der eigenen Darstellung beharrt.

    Dreyer] Die Uraufführung von Max Dreyers Die Siebzehnjährige fand am 20. 11. 1904 am Berliner Lessing-Theater statt. Goldmann nahm vermutlich an der Generalprobe teil.

    Telegramme] [Paul Goldmann]: Theater- und Kunstnachrichten. In: Neue Freie Presse, Nr. 14.455, 20. 11. 1904, Morgenblatt, S. 12. Für welche weiteren Zeitungen Goldmann Theatertelegramme schrieb, wie die Mehrzahlform »Telegramme« hier wohl zu verstehen ist, ist nicht geklärt.