Theodor Herzl an Arthur Schnitzler, 19. 5. 1893

Dr Th. Herzl 19. V. 93

Mein lieber Freund!

Verzeihen Sie, dass ich erst heute antworte, und dass ich Ihren freundlichen Wunsch nicht erfülle.
Wie ernst muss es mir mit meinem Entschlusse sein, meine Theaterstücke begraben sein zu lassen, wenn ich sie selbst auf Ihre liebe und unter solchen Umständen wiederholte Aufforderung nicht hervorhole. Ich will wirklich nichts mehr von mir wissen. |Wo sind Sie im Sommer? Ich werde meine wenigen Urlaubswochen heuer in Oestreich zubringen. Ich erwarte die Entbindung meiner Frau. Sobald sie wieder reisefähig ist bringe ich sie mit meinen drei Kindern nach Baden bei Wien zum Sommeraufenthalt. Ich könnte für meine müden Nerven zwar Gebirgsluft brauchen muss aber das Opfer bringen nach Baden zu gehen, da meine Frau das Bedürfnis hat mit ihrer Familie zusammen zukommen. Wenn ich weiss wo Sie sind drücke ich Ihnen im Vorbeigehen die Hand.
Leben Sie wohl und schreiben Sie!
Ihr herzlich ergebener
 Th. Herzl
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