Mein verehrte Freund,

Herzlichen Dank! Zum gratulieren liegt eigentlich wenig Anlass vor, denn ich bin durchgefallen. Aber das thut nichts, denn in meiner nahtlosen Arroganz verachte ich das Urtheil des Schütz, und selbst das Verschwinden des Stücks vom Repertoire nach zwei Vorstellungen kann mich vor der Ueberzeugung nicht abbringen, |dass es besser ist, wie manche, die man dreimal gespielt hat. –
Dass es Ihnen endlich wieder gut geht, freut mich herzlich; ich habe mich bei meinem Freund Paul erkundigt, wie es mit Ihrem Befinden steht – und habe Sie eigentlich schon seit einigen Wochen für ganz gesund gehalten. Werden Sie zu völliger Erholung einer Urlaub |nehmen? –
Die Feuilletons von Bahr besorge ich Ihnen ehestens; in 2 Tagen haben Sie sie. –
Wie geht es denn Ihnen? Bitte empfehlen Sie mich Ihrer w. Frau Gemahlin und lassen Sie recht bald von sich hören.
Mit vielen herzlichen Grüßen
Ihr treu ergebner
ArthurSchnitzler
Wien, 10. 12. 93.
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