|Mein lieber Freund!

unsre Briefe haben sich diesmal wohl gekreuzt, und Sie wissen schon, dss das Mscrpt wieder in meinen Händen ist. Es kann jeden Moment abgehen. Sie sagen: das von Blumenthal schon zurückgelangte Mscrpt. Ich erinnere Sie, dass es jetzt nicht dort war, sondern dss ich, Ihrem Auftrag entsprechend als Schnabel Bl. fragte, ob er, nach Berücksichtigg der M. G.s Ablehnungswürde noch einmal etc – (ich hielt mich ganz nach dem von |Ihnen abgegebenen Wortlaute. Da kam dann zehn oder zwölf Tage keine Antwort. Nun ging es an Fischer – der Begleitbrief entsprach natürlich auch vollkommen dem von Ihnen angegebenen Wortlaut und der Mann liess einfach vierzehn Tage oder gar 3 Wochen nichts von sich hören. Nun sandte ers – nicht auf brüske Rückforderung, sondern auf höfliches Ersuchen sich zu entscheiden oder zurückzuschicken, – ohne eine Silbe oder Ent|schuldigg, an Baumgarten retour, der es mir unter Kreuzband wie es gekommen war, zustellen liess. B. hat das Mscrpt. daher mit keinem Aug gesehen, da ich es persönlich an Fischer auf die Post gab. – Nun, wie gefällt Ihnen die selbstgewählte Rolle des »unbekannten Dichters«?– Glauben Sie mir, dass ich Ihren Widerwillen sozusagen begeistert mitfühle. Und man ist wehrlos. –
|Tabarin hab ich neulich gesehen; es wirkte sehr gut und wird sich auf dem Repèrtoire halten. Wenn es Sie nicht langweilt, möchte ich eine Einwendung gegen eine Scene erheben. Es ist der kurze Monolog, den T. der Bühnen-bühne hält, gleich nachdem er seine Frau mit dem Soldaten entdeckt hat; – sie packt währenddem ihre Sachen zusammen. Ich verstehe die theatralischen Gründe für diesen Aufschub in der Handlung, aber ich und manche andere vernünftige Beurtheiler |fanden, dass die Scene als unwahr wirkt. Man begreift nicht, dass sich Tabarin nicht sofort auf seine Frau stürzt – man begreift aber noch weniger, dass die Frau nicht wenigstens die Zeit benutzt, die T. monologisirt, um davonzulaufen. – Es isschade, dass Sie die Aufführung nicht gesehen haben, von der Sie viel Freude gehabt hätten. Es war wunderbar, was die Sandrock mit ihren wenigen Worten für eine lebendige |Leistung bot. Dass Mitterwurzer vorzüglich war, ist nicht merkwürdig – es gäbe viele Schauspieler, die in dieser Rolle gut wären, die ja so unfehlbare Wirkungen in sich trägt. Ich möchte u. a. Sonnenthal oder Robert als Tabarin sehn. –
– Ich komme natürlich heuer nicht mehr dran u. bin froh darüber. Wirkliche in der jetzigen Saison Gründe, mich nicht aufzuführen – lagen allerdings keine vor, – außer dass mir die Aufführung für März versprochen |worden war. Aber das scheint ja beim Theater schon zu genügen. –
Seien Sie vielmals herzlich gegrüßt
von Ihrem treu ergebn
ArthSch
16/10 95.
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