|Park Hotel Axenstein
Axenstein, 25ter Juli

Sehr verehrter Herr Doktor!

Als ich von Paris gegen 8ten Juli wegfuhr stand die Medardus-Angelegenheit so gut – dass ich schon an Sieg glaubte – und Ihnen ein Telegram senden wollte. Es war besser ich |tat es nicht – denn so ist Ihnen wenigstens die Enttäuschung erspart worden – welche mir zu Teil wurde. Denn gestern erhielt ich den Bescheid des Direktor Herz hieher, dass er trotzdem sie entusiasmés de la pièce wären, diese nach reiflicher Erwägung |nicht zur Aufführung bringen könnten. Und zwar weil Isten Für diese Saison 1911–12 die Porte St. Martin kontraktlich bereits abgeschlossen habe: Ein Lustspiel von Flers u Caillavet; zwei Stücke von Bataille. Lauter Lustspiele die leicht zu montieren |sind, gar nichts kosten. Der Eschek des Chantekler hat Herz u Coquelin abgeschreckt – das grosse Schauspiel zu pflegen, u sie suchen ihr Théater auf eine kleinere Basis zu stellen. Zufolge dessen wurde ein grosser Teil des Personals als überflüssig entlassen. Sie müssten für den |Medardus (der jeden Falls erst Oktober 1912 hätte dran kommen können) Alles wieder anders einrichten. Trotzdem liessen mich die Direktoren auf diesen Bescheid wochenlang warten. Weil wie mir Albert Clemen|ceau noch am Tag vor meiner Abreise sagte – die grösste Lust besteht Medardus zu bringen. In der Auvergne wo beide Direktoren ihr Ferien zubringen, scheint nun leider doch der mir mitgeteilte Entschluss gereift zu sein. |Es ist mir so leid Ihnen die Mühe des Scenario verursacht zu haben. Vielleicht ist dieselbe aber nicht ganz verloren. Dr Frischauer schreibt mir eben – ich möge meine Herz gelieferte Übersetzung desselben zurückverlangen – da eine andere Kombination in Paris möglich ist. Wenn Sie also Geduld |haben wollen – so könnten wir abwarten. Wegen des weiten Landes dencke ich an Gémier. Ich werde wol im Spätherbst wieder in Paris sein – ich bin bereits (ohne das er weiss weshalb) in Relation mit ihm. Dafür muss ich nun aber noch Ihre besondere Autorisation haben –. Ende September also in Wien. Bitte verzeihen Sie – |dass es nicht gelang –. Ihrer Frau Gemahlin u Ihnen herzlichste Grüsse. Ihre ergebene B. Zuckerkandl
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