Verehrter, lieber Freund
Niemand ist treu und liebenswürdig wie Sie. Obwohl
ich nie in der Lage bin, Vergelt zu üben, senden Sie mir fortwährend Ihre Erzählungen
und Schauspiele, die mir so viel Freude bereiten. Nun das letzte Mal
Fink und Fliederbusch, ein heiteres Stück in trauriger Zeit, nicht ohne satirischen Stachel, aber
dennoch human. Ein
Franzose
sagte: L’âge mûr méprise avec
tolérance.
Wäre ich so glücklich all das was ich geschrieben habe, seit wir uns sahen, würde
es
eine stattliche Reihe Bücher ausmachen, nicht weniger als 7 schwere Bände. Mein
Buch über den Weltkrieg
erreicht in diesen Tagen hier die vierte Ausgabe, hat in
Nordamerika zwei. Die Bücher über
Goethe, über
Voltaire usw. sind gut gegangen. Ein
Buch, worin ich meine letzten Essays und Reden gesammelt habe, wurde
|in nur 14 Tagen ausverkauft. Seit
April bin ich damit beschäftigt eine grosse
Maschine über meinen vergötterten
Cajus Julius Cäsar zu fabricieren, wird wol
auch ein paar Bände werden. Der Stoff ist sehr umfangreich,
römisches Leben von
c. 120 bis
c. 40,
aber er fesselt mich sehr. Bin ich doch kein Erfinder, nur ein enthusiastischer
Forscher. Ich hoffe, dass es Ihnen und den Ihrigen, auch unseren wenigen gemeinsamen
Freunden wohl geht. Ihr
Georg Brandes