Läng
st
schulde ich Ihnen Dank für die Gabe Ihres neuen
Buches, das ich ja auch läng
st gele
sen
habe. Denn – es bekommen, auf
schlagen, beginnen und nicht
sogleich weiterle
sen,
ange
spannt, atemlos bis ans Ende – ich weiß nicht, welche dringende Be
schäftigung
mich davon abzuhalten vermocht hätte. Das
Buch i
st die Frucht vollkommener Mei
ster
schaft der
Ge
staltenbildung
sowohl wie auch der Erzählungskun
st;
sprachlich und an
schaulich, der
Hand
lung wie der
Begründung nach eine reine Freude des Le
sens.
Jemand, der gleich mir die
Novelle ge
spannt gele
sen
hatte, ein philo
sophi
scher, tiefblickender Gei
st, wandte ein, daß der Schluß nicht
befriedige, und auch ich empfinde das. Es hätte notgetan,
sagte der
Betreffende, daß dem Tod des
Leutnants etwas vorausgegangen wäre, davon er
selb
st erhöht hätte werden mü
ssen: etwa
die Annahme des Geldes, das die Frau ihm vielleicht hätte mitbringen
sollen, und die
Scham darüber wäre dann ein triftigerer Grund zur Selb
stju
stiz gewe
sen als bloß die
Flucht. Ich
mußte
die
sen Gedanken als einleuchtend anerkennen. Was mir fehlt, i
st Trans
szendenz –
vielleicht wäre
sie durch eine
so geführte Linie der Motivierung ermöglicht worden.
Nicht wahr, Sie
sind mir nicht bö
se, Herr Doktor, wenn ich aufrichtig meine
Empfindung
schreibe?
In einer Zeit der Anarchie i
st das Er
scheinen des ge
schlo
ssenen Kun
stwerks, des
gekonnten, gemei
sterten Formgebildes eine
solche Seltenheit, daß
sich nur Verehrung
und Dankbarkeit geziemen. La
ssen Sie mich die
se
schönen Gefühle nicht zurückhalten.
Ich freue mich Ihrer
stetig
sich harmoni
sierenden produktiven
Kräfte, die Werk auf Werk hervorge
stalten. Seit dem »
Gang zum Weiher« war mir keine Ihrer Dichtungen
so nahe wie die
se
Novelle.
In verehrender Gesinnung ergeben
Felix Braun.