Ein an
sich nicht gerade erfreulicher Um
stand, ein Unwohl
sein nämlich, welches mich
für einige Tage an’s Bett bannte und mir eine unfreiwillige Muße auferlegte, hat mir
andrer
seits ermöglicht, Ihrem Wun
sche, Ihnen meine An
sicht über Ihre beiden
Novellen zu
sagen,
schon jetzt ent
sprechen zu können, mehr aber als eben eine
subjektive An
schauung bean
spruche ich gewiß nicht zu bieten. Beide
Arbeiten waren mir
insbe
sondere ihrer Ent
stehung
↓[handschriftlich:] nach↓ p
sychologi
sch intere
ssant,
sie
sind
sichtlich die Erzeugni
sse eines jungen Arztes, welcher den realen That
sachen
seines
Berufs dadurch eine Art ideali
sirenden Gegengewichts zu geben ver
sucht.
|Daraus erklärt
sich das eigenthümliche
Gegenüber
stehen der beiden Momente, welche
sich in den
Novellen gleich
scharf
vertreten finden, der romanti
schen Erfindung und der reali
stischen Wahl des
Grundproblems, welches ja in beiden ein rein pathologisches i
st. Es i
st aber eben
auch nur ein Nebeneinander
stehen und keine harmoni
sche Mi
schung, was wohl darin
seine
Erklärung findet, daß beide Elemente in ihrer extrem
sten Ausprägung hier vertreten
er
scheinen. Einer
seits wird die Romantik in beiden
Novellen zur
Hyperromantik
↓[handschriftlich:] getrieben↓, andrer
seits wird das pathologi
sche
Problem
sehr hart und
streng betont. Dies i
st meines bescheidenen Erme
ssens jene
Klippe, welche Sie künftig zu um
schiffen haben werden, denn obwohl beide
Novellen
meines Erachtens nicht
so druckreif
sind, als daß ich einem ern
sthaft
strebenden
Manne damit vor die Öffentlichkeit zu treten anrathen könnte,
so wäre es doch
zunäch
st für Sie und
|wenn Sie die Arbeit ern
sthaft
anfa
ssen, wohl nicht für Sie allein Schade, wenn Sie es dabei bewenden la
ssen
wollten.
[handschriftlich Karl Emil Franzos:] Geehrter Herr Dr! Der vor
stehende Brief i
st leider
durch ein Über
sehen meiner
Gattin
bis heute unbe
stellt geblieben. Ich
sende Ihnen den
selben nun und un
sere
be
sten Ab
schiedsgrüße dazu. Verge
ssen Sie uns nicht, we
nn
Sie Ihr Weg wieder hierher führt und
sagen Sie Ihrem Herrn
Vater un
sere be
sten Empfehlungen. Herzlich grüßend