Stefan Zweig an Arthur Schnitzler, [zwischen 14. und 27. 11. 1914?]

Verehrter Herr Doktor, ich bin sehr unglücklich: Sie haben mich vergebens angerufen. Aber ich unterschätzte das Militär und meinte, dass wenn man um 6 Uhr früh ausrückte das Salutieren zu erlernen, um 12 Uhr schon zu Hause sein könnte. In Wirklichkeit wurde es 4 Uhr und ich weiss noch nicht bestimmt, ob ich die Materie beherrsche. All das sind Vorbereitungen für meinen Dienst: am 1. Dez. |bin ich ins Kriegsarchiv einberufen und werde dort (unter Aufsicht von Bartsch und Ginzkey) die vielfach geheimen Documente des Krieges zu ordnen und zu gestalten haben, eine Arbeit auf die ich mich so sehr freue wie nur möglich, obzwar sie viel fordert. So versäumte ich die Freude, Sie sprechen zu können, auch die nächsten Tage exerciere ich in Klosterneuburg und bitte Sie darum, mir die Berichtigung brieflich zu senden – ich bin nicht mehr Herr meiner Zeit.
Viele viele Grüsse Ihres aufrichtig getreuen
 Stefan Zweig
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