Verehrter lieber Herr Doktor, ich habe
gestern aus einem versteckten Winkel des
Burgtheaters die Freude der
Wiederbegegnung mit Ihren drei
Stücken gehabt und war glücklich zu sehen, dass die Andern,
denen Sie zum erstenmal gegeben waren, so herzlich ihren Dank äusserten. Mir war
jedes Wort von damals noch gewärtig, manches fehlte mir sogar, nur dass der Interpret
damals mir lieber war als diesmal manche seiner Darsteller. Für mein Gefühl ist
Walden irgendwie unzulänglich, weil er allen
Menschen, die er darstellt, etwas Unfreundliches, Antipathisches mitgibt und
|selbst in seiner »
Grossen Scene« fehlte ihm die Schwungkraft, die
widerstandslos hinüberreisst, die Selbstberauschtheit – überhaupt, er hatte in beiden
ersten
Stücken nicht
das, was die Menschen
entschuldigt, Fü× und was Sie doch so sehr in die Rolle mitgegeben hatten, bei dem
ersten die
concentrierte Leidenschaft, bei dem
zweiten die sprunghafte, aber Leidenschaft, Wärme doch in den
beiden.
Bassermann wird
sicherlich unendlich besser sein und auch besser secundiert werden als in dieser
sonst recht gelungenen Aufführung, die nur (wie so oft im
Burgtheater) das Conversationelle nach oben kehrte und das
Innerliche drückte. Ich glaube, man kennt Sie nicht gut, wenn man Ihre Stücke nur
im
Theater und gerade bei Uns im Theater gesehen hat: irgend ein
Fond Geheimnisvolles schwebt da weg, eine Atmosphäre, die sie nicht ganz zu
|halten wissen: die menschliche Wärme
strömt manchmal zwischen den Worten aus, statt sich mit ihnen chemisch zu binden.
Ich
habe einmal bei
Brahm empfunden, wie man
gerade in
Wien (wo man’s doch am ehesten
↓nicht↓ sollte) immer ein wenig leichter machen will, als sie's
wirklich specifisch sind: ich spüre selbst im Satyrspiel des gestrigen Abends, im
»
Bacchusfest« so schöne Dinge, dass ich sie
ganz geniessen und nicht gerne überspielt sehen wollte. Aber freilich, das Theater
soll ja nicht den einzelnen Geniessern sondern dem Publicum dienen und so war ich
(so
sehr mir manches schöne Wort fehlte) auch der geschwinderen Form froh, weil ich sah,
wie sehr die drei
Stücke gewirkt haben. Gewirkt
haben gegen eine düstere Zeit, gegen einen Hintergrund, der jedes Echo privaten
Problemen verweigert und damit
↓haben Sie↓ die siebenfache
n Goldprobe
|bestanden! Nun kann ihnen nirgends und
nie mehr Ungunst geschehen, sie schreiten weiter und weiter, werden länger dauern
als
das Längste, was wir im Fühlen jetzt als Mass haben, als diese Zeit, die mir wie ein
halbes Jahrhundert dünkt. Ich danke Ihnen für den schönen
Abend, gedenke noch inngst
jenes
andern, da ich zuerst sie hören durfte und mein Glückwunsch zu Werk und Erfolg
kommt aus aufrichtigem Herzen. Viele Empfehlungen Ihrer verehrten Frau
Gemahlin und getreue Grüsse
von Ihrem ergebenen