Arthur Schnitzler an Stefan Zweig, 10. 5. 1928

Hrn Dr Stefan Zweig,

|Wien, 10. 5. 28
lieber Doktor Stefan Zweig, ich kam vor einigen Tagen von einer Reise zurück (Athen Konstantinopel RhodosVenedig) und Ihr neues Buch, von dem ich etliche Partien schon gelesen hatte, (insbesonders Stendhal) und bin nun daran, es vom ersten bis zum letzten Worte durchzugehn. Schon heute will ich Ihnen danken, denn ich bin nicht nur angeregt und gefesselt, ich bin auch ergriffen in Geist und Seele, schon lang hab ich nichts mit solchem wirklichem Genuss gelesen und freue mich nicht nur für mich, auch für Sie, der in dieser lauwerdenden Welt etwas ganz außerordentliches gegeben, ja fast eine neue Form der philosophisch-dichterischen |Geschichtschreibung geschaffen hat. Zugleich freu ich mich der stetig steigenden hohen Anerkennung (ich wähle aus Bescheidenheit für Sie ein lindes Wort) die Ihr Werk findet; wenige haben in den letzten Jahren innerlich und äußerlich einen so schönen Weg zurückgelegt. Dank, Grüße, u hoffenlich auf Wiedersehen,
Herzlichst Ihr  ArthSchnitzler
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