18. Jan 1928.
Sehr verehrter, lieber Herr Doktor!
Von einem Menschen, den man liebt, ausgelacht zu werden, tut nicht sehr weh. So gestehe
ich Ihnen offen das kuriose Faktum ein, dass ich gar nicht weiss, was für Bedingungen
ich
damals für meine Erlaubnis der
russischen Gesamtausgabe gemacht habe. Ich bekam einmal 150
Dollar und einmal 50 Dollar, setzte für
Specht eine
recht anständige Bezahlung durch. Seit der Zeit habe ich keine Abrechnung bekommen
und sie
auch gar nicht eingefordert, wie überhaupt meine ganzen materiellen Angelegenheiten
in
einer etwas fantastisch leichtfertigen Art von mir geführt werden. Ich glaub
te,
↓in diesem Bezug↓ allerhand
Rekorde zu schlagen, weil ich immer das annehme, was man mir schickt, und nie nachfrage
und mich erkundige. Im allgemeinen stehe ich auf dem Standpunkt, dass aus dem Ausland
mit
Ausnahme von
England und
Amerika nichts zu holen ist. Die
russischen Bücher sind dermassen billig und unsere Rechte so dubios, die Zeit mit
Korrespondenzen und Mahnungen unsererseits so kostbar, dass ich einfach da die Zügel rennen
liess. Auch was ich von
Norwegen,
Schweden,
Polen,
Ungarn beziehe, ist gleich null; in diesen kleinen
Ländem kommt man zu nichts. Mein Traum ist und bleibt, dass ein paar von uns sich
zusammentun sollten und sich einen Agenten halten, der den ganzen Nachrdrucks- und
Uebersetzungsbestrieb und – last not least – unsere ganze
Korrespondenz übemimmt. So machen es die
Engländer:
die schreiben auf jeden Brief mit Blaustift eine Zeile, der Agent
beantwortet für ihn, kämpft für ihn, holt ihm trotz der 10% die zehnfachen Honerare heraus und die innere Ruhe ist nicht
verstört. Ihnen mag es vielleicht etwas besser gehen. Ich aber, der ich mich durch
meine
N↓n↓eugierige und kommunikative Natur und durch eine aktive Internationalität
|in vielerlei eingelassen habe, stehe heute vor
dem Problem, dass auf eine Seite Produktion 15 Seiten Briefe kommen. Und deshalb eben
habe
ich beschlossen, zumindest die materiellen kleinen Angelegenheiten wie Uebersetzungen
selbst laufen zu lassen und Sie haben sich vielleicht an die allerschlechteste Auskunftei
in diesen Dingen gewandt.
Ich hoffe, bald mit meiner
Essay–Arbeit fertig zu sein. Die kleine
Komödie war ich zu faul und zu dumm selbst zu schreiben und es
macht
↓e↓ mir Spass, zum erstenmal im Leben mich mit einer
Kompagnie zu versuchen. Mein Freund und Nachbar
Lernet-Holenia↓, der gerade vorbeikam↓, war von Thema und Linie sehr entzückt und nun amüsieren wir uns
täglich drei Stunden ausgezeichnet, indem wir vergnüglich tun, was man sonst Arbeit
zu
nennen pflegt
.↓: ob das Kind lebendig bleibt, weiss Gott,
jedesfalls macht es viel Spass, es zu schaukeln.↓