Theodor Herzl an Arthur Schnitzler, 29. 6. 1893

Ihren lieben Brief bekam ich einen Moment vor der Abreise. Wir sind jetzt für ein paar Tage auf dem Axenstein, dann gehts nach Oestreich.
Aber wie so vieles hatte ich mir auch diese Urlaubstage anders vorgestellt. Wenigstens der Anfang ist übel. Kaum waren wir hier angelangt, so legte sich meine Frau mit heftiger Halsentzündung. Noch in der Nacht musste der Arzt – mehr Bader – von Brunnen heraufgeholt werden.
Heute gehts ihr etwas besser |immer noch zwischen 38°–39° Temparatur. Hals sehr belegt. Die Kinder werden separirt u. ich sitze da u. pinsle Höllenstein. Statt Axenstein Höllenstein.
Aber die Luft ist wie man sagt balsamisch. Wenn man schon krank sein muss soll man es hier sein!
Sobald ich nach Wien komme hören Sies natürlich von Ihrem Hausmeister wenn Sie nicht zu Hause gewesen sein sollten.
Herzlich Ihr
 Th Herzl
29 Juni 893
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